Guten Morgen - Gähn! Im Urlaub haben wir das noch nie so zeitig in der Früh gesagt. Es ist jetzt 5:30 und wir haben bereits gefrühstückt! Aber nachdem uns Ismael - unser Gästeführer - gestern erklärt hat, dass der 'nächtliche' Start sowohl den Vorteil hat, dass es dann noch relativ kühl ist, als auch, dass am Morgen erst wenige Touristen anwesend sind, nehmen wir es gelassen und trotten hinter Ismael schweigsam her.
Das Tal der Könige liegt am Westufer des Nils - unser Schiff ankert aber am Ostufer. Bis zur nächst gelegenen Brücke fährt ein Bus eine ½ Stunde. Daher hat Ismael für uns etwas ganz Besonderes organisiert: Wir überqueren den Nil mit einem kleinen Boot und auf der anderen Seite wartet bereits ein Bus, welcher uns zum Tal der Könige bringt. So sind wir schneller als die anderen und kommen als erste im Tal der Könige an. Spitze, aber leider mit einem kleinen Schönheitsfehler: Unser Bootskapitän hat verschlafen (kein Wunder bei dieser unchristlichen Zeit).
Ismael wird ganz nervös und wir Touristen stehen etwas unschlüssig herum. Mit knapp 15 Minuten Verspätung starten wir unsere Reise zum Tal der Könige. Alle bemühen sich, die verlorene Zeit wieder einzuholen: der Busfahrer startet waghalsige Überholmanöver, Ismael legt einen Sprint zum Eintrittskarten-Verkaufsschalter hin (er überholt dabei einen anderen Touristenführer und macht einen Platz wieder gut) und wir Touristen hasten (ein wenig zumindest) zum Eingang. Es nützt leider alles nichts. Wir sind „nur” die 3. Reisegruppe, was aber außer Ismael niemanden wirklich stört.
Das Tal der Könige liegt (fast) einsam vor uns. Es ist atemberaubend. Die noch sehr tief stehende Sonne wirft lange Schatten und vereinzelt lehnt ein Wachsoldat müde auf seiner Kalaschnikow. Sonst ist nur noch viel Sand zu sehen. Im Tal der Könige sind mehr als 62 verschiedene Gräber bisher entdeckt. Sehr viele sind für Touristen geöffnet. Die Auswahl ist also sehr groß.
Als erstes besichtigen wir das Grab Ramses III (XX Dyn.). Im Grab ist es noch angenehm kühl und die Luft noch unverbraucht (spätestens ab der 4. Touristengruppe herrscht in den Gräbern heiße, stickige, verbrauchte Luft - kaum auszuhalten). Wir bestaunen die sehr gut erhaltenen, farbenprächtigen Malereien an den Wänden und lauschen den ergänzenden Erklärungen Ismaels. Hinter jeder Ecke sehen wir neue Details und bewundern die mehr als 4000 Jahre alten Kunstwerke. Welche Pracht wurde hier für die Toten geschaffen!
Nach dem Grab Ramses III. folgt das Grab Sa-ptha (XIX Dyn.), welches ein wenig anders angelegt wurde. Auch in diesem kommen wir aus dem Staunen kaum heraus. Nach der 3. Grabbesichtigung (Seti II / XIX Dyn.) - es ist mittlerweile fast Mittag und die Sonne zeigt, was sie kann - machen wir eine kleine Pause. Alexander sucht gerade einen geeigneten Platz, um möglichst das ganze Tal fotografieren zu können.
Schon kommt ein Einheimischer zu uns und möchte uns - ganz heimlich und verstohlen natürlich - seine 'echten' Grabbeigaben verkaufen. Wir lehnen dankend ab und wollen weiter gehen, aber dies wird von ihm als Aufforderung verstanden, den Preis zu senken und noch aufdringlicher zu werden. So begleitet er uns zum gewählten Fotoplatz - immer wieder seine Ware anpreisend und gleichzeitig seine Lebensgeschichte erzählend. Erst als wir zu unserer Reisegruppe zurück kehren, lässt er von uns ab und wendet sich seinem nächsten Opfer zu. Vielleicht hat er dort mehr Glück.
Nächster Halt: Tal der Königinnen. Kaum steigen wir aus dem klimatisierten Bus aus, trifft uns die Sonne mit all ihrer Kraft. Es ist sehr heiß hier in Ägypten! Die Hitze dämpft ein wenig die Lust Neues zu erkunden. So beschließt die ganze Gruppe hier nur ein Grab zu besichtigen. Dieses Grab ist etwas kleiner und daher werden wir nur in kleinen Gruppen - ohne Führer - eingelassen.
Innen sind wieder prächtige Wandmalereien und Skulpturen aus alten ägyptischen Zeiten zu sehen. Am Retourweg zum Bus, müssen wir wieder an vielen Souvenirständen vorbei. Jeder Händler preist seine Ware lautstark an und versucht den anderen mit seinen Geschrei zu übertönen. Durch Ismaels Rat animiert, kaufen wir uns 2 weiße Baumwollschals, welche erstens als Orientierung dienen - wo sind denn die anderen Mitglieder unserer Gruppe gerade? - und zweitens herrlich den Schweiß im Nacken aufsaugen und ihn gleichzeitig vor Sonnenbrand schützen. Wirklich sehr zu empfehlen!
Hatshepsut Tempel |
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Das gewaltige Werk wurde unter der Bauherrschaft des Architekten Senenmut errichtet. Ihm wird auch ein Verhältnis mit Pharao Hatshepsut nachgesagt. |
Vom Tal der Königinnen führt unser Weg weiter zum Hatshepsut-Tempel. Im Tempel und der angrenzenden Anlage sind Führungen durch Gästeführer wieder verboten. Ismael gibt uns daher eine kurze Erklärung der Anlage und deren Geschichte im kühlen Bus. Danach machen wir uns auf eigene Faust auf den Weg.
Wieder sehen wir viel Militär zum Schutz der Touristen (1997 war hier ein Bombenanschlag, welcher zum Tod vieler Besucher geführt hat). Nach dem gemeinsamen Besichtigen mit der ganzen Gruppe am Vormittag ist es jetzt sehr angenehm, dass nur wir 2 alleine unterwegs sind und die Sehenswürdigkeit erkunden können. Mit diesem Totentempel setzte sich die Pharao, die wahrscheinlich einem Mordattentat zum Opfer fiel, ein unvergleichliches Denkmal.
Die Anlage ist riesig und sehr weitläufig. Besonders beeindrucken uns die lange Rampe, die sehr gut erhaltenen Wandmalereien und die enormen Statuen vor dem Eingang. Die 1 ½ Stunden Besichtigungszeit sind für uns fast zu kurz, so viel gibt es zu betrachten. Wir kommen als letzte - aber noch pünktlich - zum Bus zurück.
Hatshepsut Tempel |
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Bemalte Nischen, Statuen und Stelen zieren die Wände des Tempels. |
Danach der obligate Besuch einer Alabasterfabrik. Das Gebäude ist sehr berühmt, da es über und über mit bunten Bildern von den Pilgerreisen des Inhabers bemalt ist. So wohnt also ein echter „Hadschi”. Fabrik ist übrigens in diesem Zusammenhang fast lustig. Der Stein wird von den Handwerkern am Boden sitzend mit der Hand bearbeitet. Man erklärt und zeigt uns, woran echter Alabaster erkannt wird und danach dürfen wir uns im angeschlossenen Geschäft ausgiebigste anschauen, was hier daraus gemacht wird.
So richtig angesprungen ist uns nichts und so haben wir nur ein Cola gekauft, das wir unterm Ventilator sitzend getrunken haben. Beim Verlassen der Fabrik hat unser Buschauffeur doch noch ein Einsehen, dass sein Bus zwar schön ist, aber trotzdem ¾ des Hadschi-Hauses verdeckt und manövriert das Gefährt rückwärts aus der Bildfläche. Dankbar werden eifrig Fotos geknipst und wir klettern wieder alle in den kühlen Bus zur Weiterfahrt.
Die jeweils 800 t schweren Sitzfiguren König Amenophis III sind das einzige, was von seinem Tempel übrig geblieben ist. In der Antike gaben die Kolosse mysteriöse Klagelaute von sich - aus Bruchspalten, die unter dem Einwirken von Feuchtigkeit und Hitze zu „singen” begannen. Heute stehen die beiden 20 m hohen Kolosse einsam in der Gegend - vom Totentempel Amenophis III, den sie ursprünglich bewachten, ist nichts mehr vorhanden. Einige Personen unserer Reisegruppe sind bereits so müde, dass sie nicht einmal mehr aus dem Bus aussteigen wollen. Wir beschließen daher, zum Schiff zurück zu kehren und die Besichtigungstour für heute zu beenden.
Auch uns haben das sehr frühe Aufstehen und die Besichtigungen geschafft. Glücklich und zufrieden genießen wir die weitere Schifffahrt nach Esna am Sonnendeck. Die Landschaft - der blauer Nil, die üppig grüne Vegetation und danach der gelbe Sand - geben ein erhabenes Bild ab. Heute gehen wir sicher früh schlafen und träumen vielleicht von alten ägyptischen Gräbern.