Heute wachen wir schon zu einer etwas christlicheren Zeit auf, die Zeitumstellung funktioniert also schön langsam. Trotzdem ist eine der ersten Tätigkeiten nach dem Aufstehen das Fotografieren aus unserem Fenster. Heute bietet ein Kreuzfahrtschiff, dass gerade den Hudson entlang fährt, temporär eine neue Aussicht.
Nun flugs waschen, anziehen und zum Frühstück. Unsere chinesische Waitress Jade freut sich, uns wiederzusehen und hat sich auch gemerkt, dass wir Teetrinker sind und kein Eis in den O-Saft wollen. Zwar gibt es auch heute keinen Tisch in der ersten Reihe, aber zumindest seitlich ziemlich weit vorne. Dass wir wieder ans Buffet gehen, ist ebenfalls klar, doch heute gibt es eine Neuerung.
Karin nimmt sich warmen Porridge und frische Früchte vom Buffet. Als sie sich genug in den Teller gegeben hat und den Schöpflöffel auf die dafür vorgesehene Steinplatte legt, kommt ein Eierkoch mit weißem Mützchen, der John Cleese verdammt ähnlich sieht, und wischt sofort hinter ihr her.
Äh … soviel kleckert Karin doch gar nicht? Egal, sie entschuldigt sich, worauf Mr. Cleese irgendeine Höflichkeit brummelt und weiter wischt. Sehr witzig!
Dey Street |
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Church Street, Taxi |
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Hot Dog Stand |
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Die Waitress zwitschert etwas von heute schönem Wetter und was wir denn unternehmen werden. Tja, was denn?
Einen Ausflug nach Liberty und Ellis Island! Da kann man schönes Wetter brauchen, weil man ja mit der Fähre unterwegs ist und weder von oben noch von unten Nässe möchte. Somit wäre das heutige Tagesprogramm auch schon entschieden.
Nach dem ausgiebigen Frühstück noch ein kurzer Stopp am Zimmer und schon sind wir unterwegs zur PATH Station. Mittlerweile ist das „Durchtauchen” unter dem Hudson schon fast eine liebe Gewohnheit geworden. Beim WTC angekommen beschließen wir, zu Fuß durch den Financial District zum Battery Park zu laufen.
Die Straßen sind bereits voll mit den typischen, gelben NY Cabs und auf den Gehsteigen locken Imbisstände mit Brezeln, Donuts, Muffins oder anderem Futter to go, das manch eine Berufstätige im Gehen frühstückt. Nein, das wäre nichts für uns, wir schätzen Zeit und Muße zum Tagesbeginn.
Red Cube |
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Vor dem Gebäude des Bankunternehmens HSBC steht der „Red Cube”. Eine Skulptur, die einen auf der Spitze stehenden roten Würfel (nomen est omen) mit einem Loch in der Mitte zeigt.
Bevor wir uns dem Fotografieren des Würfels widmen können, beobachten wir ein asiatisches Pärchen beim Ablichten. Einer der beiden steht vor dem Loch und streckt die Arme aus, als würde er gerade von der Skulptur absorbiert werden. Witzig!
Gegenüber der Trinity Church biegen wir in die Wallstreet und sehen einen Auflauf vor dem Charging Bull. Die Bronzeskulptur des dahinstürmenden Bullen wurde vom Künstler Arturo Di Modica geschaffen.
Am 15. Dezember 1989 brachte er gemeinsam mit Freunden dieses 7.000 Pfund schwere Weihnachtsgeschenk in den Financial District. Er hatte den Bullen anlässlich des Börsen Crash 1987 als Symbol für Stärke, Kraft und die Hoffnung der Amerikaner:innen auf eine glückliche Zukunft geschaffen.
Charging Bull |
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Charging Bull |
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Charging Bull |
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Anfangs wurde Arturos Bulle gar nicht sonderlich willkommen geheißen. Im Gegenteil, da er unerlaubter Weise den Verkehr behinderte, wurde noch am gleichen Tag von der New Yorker Börse ein LKW gemietet, der die Skulptur entfernte.
Der Aufschrei der New Yorker:innen war so groß, dass Henry Stern, ein Angestellter des Stadtgartenamtes, dem Bullen am nördlichen Ende von Bowling Green ein Zuhause gab.
1993 bot Arturo seinen Bullen zum Verkauf an da er hoffte, mit dem Erlös die Gestehungskosten von USD 300.000.- abdecken zu können. Einziger Interessent war ein Hotel in Las Vegas. Mittlerweile war der Bulle jedoch derartig populär geworden, dass es eine Kampagne für seinen Verbleib in New York gab.
Charging Bull |
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Geleitet wurde die Aktion von keinem geringeren als Henry Stern, inzwischen aus dem Stadtgartenamt ausgeschieden. Seitdem steht das Symbol der Börse also hier und wird von vielen bewundert, fotografiert, berührt (soll Reichtum bringen) und … bestiegen!
Letzteres konnten wir bei einer asiatischen Reisegruppe beobachten. Einer der Herren ließ es sich nicht nehmen in aller Tolpatschigkeit auf das glatte und rutschige Rindvieh zu klettern und sich zwischen seine Hörner zu setzen. Sicher wird er bald in Geld schwimmen wie Dagobert Duck.
Battery Park, Hochhaus |
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Watertaxi |
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Ein paar Schritte noch und wir sind im Battery Park angekommen, wo auch die Fähren zu Liberty und Ellis Island ablegen. Auf den Hochhäusern rings umher glänzt die Morgensonne und in der Menschenschlange vor uns glänzen die Augen erwartungsfreudig.
Alexander sieht eine Werbung für Crown Tickets und Karin geht fragen, ob es die Möglichkeit zum Aufstieg in Miss Libertys Strahlenkranz gibt. Ja schon, aber nicht mehr dieses Monat. Wer ein Crown Ticket möchte, muss dieses etwa 3 Monate im Voraus reservieren, z.B. bei Statue of Liberty Tickets. Ok, fürs nächste Mal dann …
Während wir zuerst vor dem Ticketoffice bei Castle Clinton und dann bei der Fähre anstehen, haben wir Zeit, die Gegend in Ruhe zu betrachten. Wir sehen unser Hotel auf der gegenüber liegenden Uferseite, gelbe Water Taxis, die aussehen wie überdimensionale Quietschenten, den Bahnhof von Jersey City und das Denkmal der Amerikanischen Handelsmarine.
Central Railroad of New Jersey |
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Das Denkmal wurde 1988 nach einem gewonnenen Kontest bei der Künstlerin Marisol Escobar beauftragt und 1991 offiziell gewidmet.
Es stellt eine Gruppe von Männern sowie ein Boot dar und ist nach einer historischen Begebenheit gestaltet.
Battery Park |
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unser Hotel Hyatt |
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Während des zweiten Weltgkriegs wurde ein Schiff der Handelsmarine von einem Nazi U-Boot angegriffen. Während die Marinesoldaten sich an ihr sinkendes Schiff klammerten, fotografierten die Deutschen ihre Opfer.
Marisol fertigte erst einige Skizzen nach diesem Foto an und stellte danach eine Tonplastik her, mit der sie besagten Wettbewerb gewann. Vor allem der Anblick der Hand des Ertrinkenden, die jener aus dem Wasser streckt, schnürt einem die Kehle zu.
Unmerklich ist die Schlange vor uns inzwischen vorgerückt und mit der nächsten Fähre sind auch wir an der Reihe zum Übersetzen auf das 2,6 km entfernte Eiland. Rasch hinauf an Deck, damit wir frische Luft und gute Aussicht haben!
Freiheitsstatue |
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Viel hat die kleine Insel, die einst den Mohegan-Indianern gehörte, schon gesehen und noch mehr Namen hat sie getragen, bevor sie am 3. August 1956 von Präsident Dwight D. Eisenhower offiziell in Liberty Island umbenannt wurde.
Die Freiheitsstatue selbst ist eine Frau der Superlative. Vom Künstler Frédéric Auguste Bartholdi und dem Konstrukteur des Eiffelturms, Gustave Eiffel, entworfen, sollte Miss Liberty zur 100-Jahrfeier der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1876 fertig sein. Tatsächlich dauerte ihre Geburt aufgrund von Geldschwierigkeiten 10 Jahre länger.
Mit Sockel ragt die Statue 102 Meter in den Himmel und mit ihren insgesamt 225 Tonnen ist sie wohl mehr gestandenes Weibsbild denn zartes Fräulein. So bringt Miss Liberty auch nichts so schnell etwas ins Wanken, da muss schon ein ordentlicher Sturm von 80 km/h daherkommen, damit sie ganz sacht schwankt.
Liberty Island |
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Skyline Manhattan, Gnomad |
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Wir strömen mit den Massen von der Fähre auf Liberty Island und tun das, was alle machen: wir umrunden die Freiheitsstatue in konzentrischen Kreisen und fotografieren sie aus allem möglichen und unmöglichen Perspektiven.
Was uns von anderen Touristen unterscheidet sind die Fotos unserer beiden Gnomaden, die wir im Anschluss vor der Manhattan Skyline machen. Sowas tut nicht jeder!
Immigration Museum |
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Nach Liberty Island setzen wir auch noch auf die Einwanderer Insel Ellis Island über. Zwischen 1892 und 1954 befand sich hier die amerikanische Einwanderungsbehörde und entschied über die weitere Zukunft von rund zwölf Millionen Immigranten.
Einige durften einreisen, andere wurden wieder zurück geschickt. Aus diesem Grund wird Ellis Island auch Insel der Tränen genannt.
Heute ist in dem großen Backsteinbau mit seinen Türmchen ein Museum untergebracht, das den Besucher:innen die Geschichte der Einwanderer näher bringt. Jede ½ Stunde gibt es eine kostenlose Führung, die von einem Park Ranger durchgeführt wird und wirklich interessant und empfehlenswert ist.
Wir haben so eine Tour bei unserem ersten Besuch vor 10 Jahren (Kinder, wie die Zeit vergeht!) gemacht und wollen uns heute Zeit nehmen, um besonders interessante Ausstellungsstücke in unserem eigenen Tempo zu betrachten.
Skyline Manhattan |
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Skyline Manhattan |
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Dazu zählen unter anderem die Koffer, Körbe und Bündel, die gleich in der Eingangshalle aufgebaut sind. Es handelt sich um Originale, die von Einwanderern seinerzeit aus welchen Gründen auch immer zurück gelassen wurden.
Rund zwei Stunden durchschreiten wir die Räume und lesen die Schilder, die Geschichten von Hoffnung, Freude aber auch von Verzweiflung erzählen. Dann übermannt uns der Hunger und bevor wir auch verzweifeln, holen wir uns im Café auf der Rückseite des Gebäudes etwas zu essen.
Die Mahlzeit zählt zwar nicht zu den kulinarischen Höhepunkten unseres Urlaubs, macht aber satt und wir können sie an einem Tisch im Freien zu uns nehmen. Erwähnenswert ist dafür der Chocolate Fudge mit Pekannüssen, den wir uns zum Nachtisch teilen.
Skyline Manhattan |
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American Immigrant Wall of Honor |
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Skyline Manhattan |
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So gestärkt macht uns auch das Anstellen für die Überfahrt zurück zum Battery Park nicht mehr ganz so viel aus. Das Wetter hat sich ein wenig getrübt und so beschließen wir, die Einkaufslisten, die wir für uns selbst und von Arbeitskollegen mit haben, mal anzugehen.
An erster Stelle steht Fotozubehör. Also auf geht's ins gelobte Land der Fotogeschäfte, von denen aus unerfindlichen Gründen die meisten in jüdischer Hand sind. Wir grasen alle namhaften Läden ab und werden beim einen oder anderen fündig, ja kaufen sogar Dinge ein, die gar nicht auf der Wunschliste stehen.
Karin findet einen neuen Fotorucksack von Kata, der genau ihren Bedürfnissen entspricht. Er ist handlich, die Kamera plus die paar Objektive passen gut geschützt in den unteren Teil während oben genug Platz für Reiseführer, Sonnenbrillen, Apferl etc. vorhanden ist. Sogar der kleine Laptop geht sich für die Flugreise darin aus. Und er hat neongrüne Reisverschlüsse!
Flatiron Building |
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Alexander ersteht ein paar Objektivköcher, die er in beliebiger Kombination an einem breiten, gepolsterten Hüftgürtel anbringen kann. Auch sehr praktisch!
Was sich hier so zielstrebig liest, hat tatsächlich ein paar Stunden in Anspruch genommen und so ist es bereits gegen 18:00, als wir beim Flatiron Building ankommen. Es ist aber ganz egal, um welche Uhrzeit man davor steht, dieses 1902 erbaute Hochhaus mit dem spitzen Winkel muss man einfach bewundern.
Unterwegs kaufen wir noch schnell Verpflegung für unser Abendessen ein und schleppen uns bereits leicht ermüdet weiter. Mit einer nochmaligen kurzen Rast beim City Hall Park - der Brunnen ist auch heute wieder zauberhaft erleuchtet - sind wir auch schon beim WTC, wo wir mit dem PATH wieder nach Jersey City fahren.
Rasch bringen wir unsere Einkäufe aufs Zimmer und dann geht es nochmal mit Stativ und Kamera bewaffnet an die Uferpromenade. Alexander möchte die tolle Lichtstimmung nutzen und noch einige Aufnahmen vom nächtlichen Manhattan machen.
Der Himmel färbt sich von dunkelblau zu rabenschwarz, unterbrochen vom goldgelben Schachbrettmuster, das die erleuchteten Hochhausfenster gegen den Hintergrund zeichnen. Mit diesem letzten schönen Blick auf den heutigen Tag lassen wir's gut sein und gehen auf unser Zimmer.
Wir essen zu Abend, überspielen die Fotos und stecken die Akkus zum Laden an. Sehr viel mehr ist nicht mehr drinnen, bevor wir auch heute wieder müde in unser Bett sinken und einschlafen. Night-night!