Guten Morgen! Die Nacht haben wir trotz Zeitverschiebung einigermaßen gut verbracht. Die Klimaanlage ist ein bisschen laut und das Bett mit seiner extraweichen Matraze und den vielen, vielen Kissen wirklich etwas für die Prinzessin auf der Erbse. Für Bauchschläferin Karin nicht ganz so optimal, da sich ihr durchgebogenes Kreuz ein wenig anfühlt wie eine Hängebrücke.
Apropos Brücke - jetzt aber schnell duschen, anziehen und frühstücken, damit wir dann gleich zur Golden Gate Bridge fahren können. In der Morgenzeitung haben wir nämlich etwas von einem Marathon gelesen und fürchten nun, dass die Brücke womöglich gesperrt ist. Also hurtig!
Knapp eine Stunde später nähern wir uns DEM Wahrzeichen San Franciscos, der Golden Gate Bridge. Von Sperre ist zu unserem Glück keine Rede. Zwar stehen haufenweise rot-weiß gestreifte Hütchen auf der Fahrbahn, um den Marathonläufern wenigstens ein bisschen Platz zu sichern, aber sonst geht der Verkehr ungehindert weiter.
Viel ist allerdings noch nicht los zu dieser frühen Morgenstunde - weder was Autos noch was Läufer anbelangt. Uns soll's recht sein, haben wir mehr Zeit zum genießen! Ist der Anblick der Golden Gate Bridge aus der Ferne schon erhebend, das Befahren ist noch um einiges spannender.
Erbaut wurde die Hängebrücke in den Jahren 1933 bis 1937, obwohl es Pläne zur Überbrückung der Bay schon seit dem Ende des 19. Jh. gab. Sie ist 2,73 km lang, hat eine Spannweite von 1,28 km und ist an ihrer höchsten Stelle 235 m hoch. Lange Zeit war die Golden Gate Bridge die längste Hängebrücke der Welt, aktuell rangiert sie aber nur mehr auf Platz 8.
Die technischen Daten des Bauwerks warten mit vielen Rekorden auf. z.B. das Gewicht, die schwierigen Bedingungen - häufiger Nebel und sehr starke Strömung - unter denen sie gebaut wurde, etc. Auch die Anzahl der Nieten, welche die Konstruktion zusammen halten, ist beachtlich. Zwar variieren die genannten Zahlen, jedoch sind sich alle Berichte einig, dass die letzte Niete aus purem Gold ist.
Golden Gate Bridge |
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70 m über dem Meeresspiegel befindet man sich hier. Diese Höhe und die Tatsache, dass man die Brücke auch auf dem Fußweg überqueren kann, führen zu einem anderen traurigen Rekord - den Selbstmördern, die sich hier in die Tiefe stürzen. Über 2.100 Personen sollen hier schon ihrem Leben ein Ende gesetzt und somit den Ruf der „tödlichsten Brücke der Welt” begründet haben.
Um dem entgegen zu wirken, wurden mangels finanzieller Möglichkeit, das nur 1,40 Meter hohe Geländer über die gesamte Länge zu erhöhen, wenigstens Notruftelefone angebracht. Über diese können Lebensmüde kostenlos die Seelsorge anrufen. Ob die Anrufe etwas nützen sei dahin gestellt. Da hier heroben meist ein sehr starker Wind weht, sodass man sein eigenes Wort kaum versteht, ist die Sinnhaftigkeit wirklich recht fraglich.
Auf der Seite des Marin County angekommen, finden wir einen Aussichtspunkt mit entsprechender Parkmöglichkeit vor. Natürlich müssen wir hier stehen bleiben und Fotos machen. Dass die Golden Gate Bridge einmal nicht Nebel verhangen ist, grenzt fast an ein Wunder und muss ausgenutzt werden.
Um die Bekanntschaft mit dem „Lone Sailor” - einer Bronzestatue, die mit melancholischem Blick über die Bay zur Stadt hin schaut - und viele Fotos reicher, setzen wir unseren Weg ins Umland fort. Wir kommen beim Retourweg ja sicher wieder.
Muir Woods |
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Mit einem kurzen Zwischenstopp in Sausalito, einem malerischen kleinen Fischerort, welcher für sündhaft teure Seafood-Gerichte in romantischen Pfahlbauten am Wasser berühmt ist, nähern wir uns unserem nächsten Ziel unseres heutigen Ausflugtages, den Muir Woods. Dieses kleine Waldgebiet, welches sich entlang eines Bachlaufes malerisch an die Hänge des Mount Tamalpais schmiegt, ist ein National Monument und beliebtes Naherholungsgebiet für die Städter.
Hier wachsen die berühmten Küstenmammutbäume (Sequoia Sempervirens), die auch als Californian Redwood bekant sind. Die gigantischen Baumriesen können bis zu 110 Metern hoch werden und einen Durchmesser von 7 Metern erreichen. Das durchschnittliche Alter dieser Zypressengewächse liegt bei 600 Jahren, es wurde allerdings auch schon ein Exemplar gefunden, bei dem man an Hand der Jahresringe das unglaubliche Alter von 2.200 Jahren gezählt hat.
Da das Wäldchen wie gesagt recht klein ist, müssen wir auf dem im Verhältniss angepassten Parkplatz doch recht suchen, bis wir eine Lücke für unser Mietauto finden. Auf dem Weg zum Eingang, wo man auch die Tickets kauft, fallen uns einige Amerikanerinnen in Flip-flops auf. Das ist aber eine komische Fußbekleidung für einen Waldspaziergang?!
Nachdem wir das Tor passiert haben und ein Stückchen weit ins dunkle Grün marschiert sind, verstehen wir das eigenartige Schuhwerk etwas besser. Zwar wäre es nicht unsere Wahl, allerdings schadet es hier wirklich nichts, da alle Wege entweder mit Redwood-Planken ausgelegt oder gar asphaltiert sind. Dies hat man weniger für Flip-Flop beschuhte Jungdamen als für Behinderte gemacht, damit diese mit ihren Rollstühlen ebenfalls Zugang zu der Naturschönheit erhalten.
Hier ist es denn auch wirklich wunderschön! Ein murmelnder Bach schlängelte sich durch das enge Tal, purzelt über bunte Kieselsteine und plätschert unter Farnblättern hervor. Die Baumstämme ragen schier endlos in die Höhe und durch ihre schlanken, grünen Kronen fallen einzelne Sonnenstrahlen von ganz weit oben herein und verbreiten ein zauberhaftes Licht.
Muir Woods |
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Dezente Tafeln weisen überall in diesem Märchenwald auf Flora und Fauna hin und wissen Interessantes zu verkünden. Durch die geschickten Windungen des Pfades verlieren sich auch die anderen Besucher ein bisschen, sodass es eine sehr angenehme und relativ ruhige Stimmung gibt. Wir genießen den Spaziergang sehr und vor allem Pflanzenfreundin Karin liest eifrig, was es über die Mammutbäume alles zu erfahren gibt.
Nach einer großen Runde durch dieses Naturparadies machen wir uns wieder auf zu unserem Wagen. Es warten heute noch andere Ausflugsziele auf uns.
Berühmt für ihre Weine sind die beiden Täler Napa und Sonoma. Das milde, mediterrane Klima macht die Gegend für den Weinbau ideal, die malerische Landschaft mit ihren lieblichen Hängen zieht auch Ausflügler hier her.
Domaine Carneros von Taittinger |
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Domaine Carneros von Taittinger |
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Hier im Zentrum des Weinbaus in den USA produzieren mehr als 350 Weingüter ihre edlen Tropfen. Sie alle zu besuchen oder sich gar durch zu kosten, ist also völlig illusorisch. Apropos Kosten: für diejenigen, die das ausgiebig tun möchten ohne Sicherheit und Führerschein zu riskieren, gibt es den sogenannten Wine Train. Ein Zug, durch Napa Valley verkehrt und die wichtigsten Vineyards besucht. Abgerundet wird das Programm mit Vorträgen und Menüs aus dem Speisewagen.
Wir sind aber in erster Linie zum Schauen gekommen, denn auch das kann man hier zur Genüge tun. Wer glaubt, dass er hier ganz normale Weinkellereien vorfindet, der irrt nämlich (größtenteils) gewaltig! Die Amerikaner können's einfach nicht lassen und so sehen wir richtig gehende Inszenierungen. Dort ein französisches Schloss aus dem 17. Jahrhundert, erbaut 1996, da eine toskanische Villa mit original Plastik-Terracotten - Disneyworld für Sommeliers. Aber irgendwie auch wieder lustig, denn es macht den Ausflug bunt und erlebnisreich!
Wir machen unseren ersten Stopp bei Domaine Carneros von Taittinger. Es heißt, dass dieses Chateau die Domaine zu den schönsten Winzerbetrieben der Gegend macht. Die Kostprobe bestehend aus 3 verschiedenen Champagner-Sorten nebst Käse, Nüssen und Trockenfrüchten ist wirklich nicht zu verachten und kann auf einer mit Rosenstämmchen gesäumten, lichtübergossenen Terrasse genossen werden. Herrschaftlich!
Robert Mondavi |
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Auch bei Robert Mondavi legen wir eine Rast ein und schlendern durch das weitläufige Anwesen. Der Winzer zählt zu den Top-Erzeugern und seine Weine sind auch bei uns bekannt und ziemlich teuer. Qualität hat eben ihren Preis.
Auf unserem Rückweg Richtung San Francisco durch das nebenan liegende Sonoma Valley passiert uns ein unfreiwilliger „Zuschneider”. Irgendwo scheinen wir falsch abgebogen zu sein und folgen einer immer schmäler werdenden Straße auf eine Anhöhe im Nirgendwo. Der Blick ist wunderbar und die Besitzer dieser Postkästen zählen sicherlich nicht zu den ärmsten der Armen, wenn man die Größe der Grundstücke betrachtet.
Als den Schilder „No Trespassing - Private Property” mit Stacheldrahtzäunen und Überwachungskameras besonderer Nachdruck verliehen wird, kehren wir rasch um und folgen brav der wiedergefundenen Hauptstraße.
Diesmal kommen wir nicht so wie gestern über die Bay Bridge sondern nähern uns der Golden Gate Bridge. Das gibt uns die Gelegenheit, rechts ab zu biegen und in die Hügel des Golden Gate Recreation Parks zu fahren. Sicherlich hat man von dort einen wunderbaren Ausblick.
Wie sich heraus stellt, hegen auch zig andere Autofahrer diese Hoffnung und es dauert ziemlich lange, bis wir einen erlaubten Parkplatz finden, auf dem wir ein wenig länger stehen bleiben können. Dafür stellen wir gleich nach dem Aussteigen fest: „Man hat!” (den wunderbaren Ausblick).
Wie wir mittlerweile schon gewohnt sind, weht auch hier wieder ein sehr starker Wind. Den nutzen auch Kite-Surfer, die sich unter der Golden Gate Bridge auf den Fluten Tummeln. Schau! Ein Hubschrauber fliegt auch gerade unter der Brücke durch.
Golden Gate Bridge |
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Golden Gate Bridge |
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Golden Gate Bridge |
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Wir ziehen unsere Pullis an und marschieren ganz nahe an die Golden Gate Bridge heran. Hier ist ein ehemaliges Fort, das aber (noch?) nicht restauriert wurde und die hier befindlichen öffentlichen Toiletten stinken zum Himmel. Letzteres tut vor allem Karin sehr leid.
Mit dem Wetter haben wir besonderes Glück, denn es ist immer noch klar und die Brücke bildet mit ihrer Rostschutzfarbe "International Orange" einen wunderbaren Kontrast zum Blau des Himmels und dem Grau-Blau des Meeres. Schön ist es hier und der mannshohe wilde Fenchel, der hier wächst, läßt den Ort richtig idyllisch erscheinen.
Auf dem Retourweg zum Parkplatz beratschlagen wir, was wir uns Downtown San Francisco noch ansehen wollen und entscheiden uns vorerst für die berühmteste Straße der Stadt - Lombard Street.
Sie hat ein Gefälle von 27„ ”Prozent und war bis 1922 eine der steilsten Straßen von San Francisco. Um den Autos die Durchfahrt zu erleichtern, wurden acht Serpentinen angelegt, die heute den unverwechselbaren Charakter dieser Straße ausmachen. Mit den attraktiven Häusern und der Bepflanzung entwickelte sich dieser Straßenabschnitt zu einem wahren Touristenmagneten.
Den Titel „crookedest street on earth” zu deutsch „krummste Straße der Welt” verdient sie - nicht aber „schiefste Straße der Welt”, denn die nur zwei Blocks entfernt liegende Filbert Street hat sogar ein Gefälle von 31,5 %, wurde aber nicht durch Serpentinen entschärft.
Wie wir an der endlos scheinenden Autoschlange bemerken, sind hier mehr Touristen, die den „Slalomkurs” auch einmal durchfahren möchten. Das Stop-and-Go ist so steil bergauf durchaus eine Herausforderung an die Handbremsen. Doch endlich kommen auch wir an die Reihe und werden von einer schwarzen Verkehrspolizistin ungeduldig in die erste Kurve hinein gewachelt.
Lombard Street |
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Hui, das ist aber wirklich kurvig! Allerdings kommt kein Achterbahn-Gefühl auf, weil man gaaaanz langsam fahren muss. Die Aussicht ist wunderschön und die gepflegten Häuser, die teilweise üppig mit Bourgainvillea überwachsen sind, sowie die rosa Hortensien als Straßenbegleitgrün tun ihr übriges zur Schönheit des Anblicks.
Nach der Talfahrt parken wir und gehen auch noch einmal zu Fuss hinauf und hinunter. In einem Baum hören wir plötzlich ein lautes Gekreische und sehen einen ganzen Schwarm grüner Papageien mit roten Masken. Die Tiere sind unter dem Namen Wild Parrots of Telegraph Hill bekannt und richtige lokale Berühmtheiten. Für Fotos sind wir leider ein bisschen zu langsam gewesen.
Wir beschließen, in den nächsten Tagen noch einmal bei Morgensonne wieder zu kommen und machen uns mit dem Wagen auf zu unserem letzten Ziel der heutigen Ausflugstour. Wir wollen uns das bekannteste Postkartenmotiv der Stadt in Natura ansehen.
Alamo Square |
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Ein Grundstücksmakler und Spekulant mit irischen Wurzeln hat Ende des 19. Jh. am Alamo Square 6 Holzhäuser errichten lassen. Sie sind in viktorianischem Stil mit spitzen Gibeln, Verzierungen und bunter Bemalung. Sicher würde dem Herrn Spekulanten das Herz lachen wenn er wüßte, dass seine Häuser, die sich in scharfem Kontrast von den Wolkenkratzern des Financial Districts absetzen, DAS Postkartenmotiv von San Fancisco geworden sind. Oder er würde sich im Grabe umdrehen, weil er zu seiner Zeit daran nichts verdienen konnte.
Wir sind jedenfalls hellauf begeister von den „Painted Ladies”, die sich in der Abendsonne von ihrer besten Seite präsentieren. In der Mitte des Platzes ist ein großer Park. Blumen blühen, Hunde laufen begeistert hinter geworfenen Stöckchen her und engumschlungene Schwulenpärchen schlendern verliebt über den Rasen. Fehlt nur noch, dass die 3 Schwestern aus der Serie „Charmed” aus einem der Häuschen treten.
Nach einer großen Runde durch den Park machen wir uns mit dem Auto auf den Weg zu unserem Hotel. Für heute haben wir genug erlebt und gesehen und wir möchten den Tag noch bei einem gemütlichen Abendessen in der Fisherman's Wharf abschließen. Diesmal gelingt uns das auch ganz ohne lange Wartezeit.
Bei köstlichem Seafood und einem Glas White Zinfandel - jetzt wissen wir ja ganz genau, wo der herkommt - lassen wir die Erlebnisse des heutigen Tages noch einmal in einem netten Lokal direkt am Meer revue passieren. Nach dem kurzen Verdauungsspaziergang zurück ins Hotel schlafen wir satt und zufrieden ein. Was für ein schöner Tag - Gute Nacht!