Guten Morgen! Auch heute drängt es uns wieder zeitig hinaus, um an unserem letzten Tag mit dem Mietauto Sardinien zu entdecken. Den südlichen und westlichen Teil Sardiniens Süden haben wir die vergangenen beiden Tage erforscht und so bleibt für heute der nördliche Bereich, der uns ins Landesinnere führen wird. Dort erwartet uns Su Nuraxi, die besterhaltene Nuraghersiedlung der Insel.
Pula, Villa Santa Maria |
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Da es sich doch um ein ganz schönes Stückchen Fahrstrecke handelt, lassen wir diesmal die zwar landschaftlich reizvolleren, jedoch schlechter ausgebauten Küsten- und Panoramastraßen links liegen und nehmen die SS195 nach Cagliari, von wo aus wir der SS131 in den Norden folgen wollen.
Natürlich drehen wir in Cagliari eine kleine Ehrenrunde am Fährhafen, da wir uns an die Beschriftung hier noch immer nicht gewöhnt haben und das Hinweisschild zur SS131 erstmal übersehen. Doch glücklicherweise entgeht Alexanders Aufmerksamkeit kaum etwas und so nutzt es dem kleinen weißen Pfeil gar nichts, dass er sich unter einem Wald von Straßenverkehrszeichen verstecken will.
Je weiter nördlich wir kommen, desto mehr sieht die Gegend nach Landwirtschaft aus. Hügeln mit abgeernteten Feldern säumen die Autobahn, teilweise werden sie auch gerade abgebrannt. Nach den Berichten über Griechenland, die wir vor unserer Abreise zu Hause im Fernsehen verfolgt haben, finden wir das ziemlich riskant bei der Trockenheit - von der Feinstaubbelastung mal ganz abgesehen.
Apropos Autobahn: vielleicht ist das doch nur eine gut ausgebaute Straße? Das zumindest denken wir, als wir in Villagreca auf 50 km/h runterbremsen müssen, weil die „Autobahn” fast mitten durch das Dorf führt. Andere Länder, andere Straßenverkehrsordnungen.
Nuragher Festung Panorama |
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Bei Villasanta biegen wir rechts auf die S128 und folgen den zahlreichen Wegweisern nach Barumini, um in die Welt der Nuragher einzutauchen. Die allerersten Siedlungen auf Sardinien reichen bis in die Altsteinzeit zurück. Das belegen Funde von Steinwerkzeugen in Perfugas.
Doch erst 9000 v. Chr. siedelten sich verschiedene Gruppen aus Kleinasien, Afrika und der iberischen Halbinsel auf Sardinien an. Damals war die Insel noch über einen Damm mit dem Festland verbunden und so für die verschiedenen Stämme leichter erreichbar.
Die Menschen zur damaligen Zeit lebten in Strohhütten hier und begruben ihre Toten in Felsgräbern, welchen sie den klingenden Namen „domus de jana”, Feenhaus, gaben.
Etwa 800 v. Chr. entwickelte sich schließlich aus der vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung die Kriegergesellschaft der Nuragher, welche Tausende Bauwerke (die Nuraghen, runde Steintürme) über Sardinien verstreut errichteten.
Nuragher Festung |
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Nuragher Festung |
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Als wir in Barumini ankommen und Tickets kaufen, geht auch hier gerade eine Führung los. Anders als gestern in Su Mannau ist die junge Sardin der englischen Sprache durchaus mächtig und sehr bemüht, uns die Erkenntnisse der archäologischen Funde näher zu bringen.
So erfahren wir von der Bedeutung der einen oder anderen Ruine, wie z.B. dem Versammlungssaal oder der Kornmühle. Aus den Ausgrabungen lässt sich schließen, dass Wasser für die Nuragher heilig war und so findet sich hier auch eine Art Badehaus, dessen Becken zur rituellen Reinigung verwendet wurde.
Richtig lustig wird es, als wir unserer Führerin in den noch erhaltenen Hauptturm der ehemaligen Festung folgen. Zuerst noch über Holztreppen, doch kurz darauf über steile und enge Steinstufen von unterschiedlicher Höhe. Am besten man setzt sich auf den Hosenboden und gleitet langsam und vorsichtig in die Dunkelheit der Festungsruine.
Nuragher Festung |
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Von der Bedeutung der verschiedenen Türme erfahren wir, die sich auch über die drei Bauphasen, die es hier offensichtlich gegeben hat, verändert haben. So endete der Nordturm wegen seiner kühlen Temperaturen aufgrund der exponierten Lage schlussendlich als Vorratskammer für Lebensmittel.
Auch Grundkenntnisse über physikalische Gesetze müssen die Nuragher schon gehabt haben, wie die konische Form der Türme, Schlusssteine und dreieckige Fensteröffnungen beweisen. So klettern wir in der dunklen Festungsruine herum, kraxeln gebückt durch niedrige Gänge, schieben uns durch enge Öffnungen und genießen diese kurzweilige Führung.
Als sie zu Ende ist bedanken wir uns bei der jungen Sardin, die sich nochmals für ihr Englisch entschuldigt und gehen noch für einige Fotos alleine durch die Überreste der Siedlung. Dann fahren wir mit unserem Auto nach Las Plassas um das Castello zu besteigen, das wir schon auf der Herfahrt gesehen haben.
Zwar wurde ein Weg aus losen Steinplatten angelegt, der uns den Aufstieg erleichtert (ganz schön steil der Hügel!), oben finden wir jedoch nur eine Baustelle vor. Kein Wunder, haben doch die Restaurierungsarbeiten erst im Februar 2007 begonnen. So zumindest entnehmen wir einem Schild. Auf selbigen glauben wir auch zu verstehen, dass das Castello Plassas einst zu den Besitztümern von Eleonore von Arborea gehört hat.
Jene bemerkenswerte Dame, auch Giudica genannt, hat einst Arborea von ihrem Vater Mariano IV geerbt und nach zwei Kriegen gegen die Aragonier den Großteil Sardiniens unter ihre Herrschaft gebracht. Sie ist zum Wahrzeichen für die Unabhängigkeit der Insel geworden.
Viel gibt es hier nicht zu sehen und so begnügen wir uns, ein zwei Fotos vom Umland zu schießen, bevor wir uns wieder an den Abstieg wagen. Unsere Mägen melden sich auch schon zaghaft. Was soll unser nächstes Ziel werden?
Sanluri liest sich gut in unserem Reiseführer. Dort gibt es ein Schloss besagter Eleonore von Arborea aus dem 14. Jahrhundert, in dem heute ein Museum untergebracht ist. Außerdem ist dort ein altes Kapuzinerkloster, das man ebenfalls besichtigen kann. Und sicher finden wir dort auch etwas zu essen. Also nichts wie hin!
Wir finden auch gleich das Schloss, das diesmal wirklich nicht zu übersehen ist. Leider hat es geschlossen, es ist nämlich wieder mal Siesta. Das gleiche gilt für das Kapuzinerkloster und - und das ist schon fast dramatisch - auch für die Bars, Cafés und kleinen Ristorantes hier in dem Ort. Also ohne Imbiss halten wir es sicher nicht bis 16:30 hier aus, um die dann wieder geöffneten Sehenswürdigkeiten zu bewundern. Werden wir Sanluri eben auslassen müssen.
Wir beschließen, zurück nach Cagliari zu fahren. Die Stadt ist so groß, dass dort sicher eine Bar auch am Nachmittag Panini oder Tramezzini an uns abgeben wird. Und wenn nicht, kennen wir ja inzwischen den Supermarkt Auchan und den McDonalds, der auch in dem Einkaufszentrum ist.
Letzterer wird es dann auch - da weiß man schließlich, was man bekommt. Sogar Gamberi, also Schrimps, gibt es gerade und die lassen wir uns nebst BigMäc gut schmecken. So gestärkt sind wir schon wieder voller Tatendrang und überlegen, was wir heute noch anschauen könnten.
bunte Dachterrasse am Hauptplatz |
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Pula war nett, diese Villa Santa Maria wollen wir noch mal suchen. Danach noch Nora, da wir am ersten Tag die Ausgrabungen nicht sonderlich beachtet haben. Auf geht's!
Diesmal finden wir die Villa Santa Maria in Pula tatsächlich. Sie sieht sehr hübsch aus, wie sie etwas verwittert im Schatten der Palmen in dem großen Garten steht. Sicherlich war die Villa einmal ein glanzvolles Haus. Trotz eines Schildes, welches Öffnungszeiten bekannt gibt, ist die Villa geschlossen und nicht zu besichtigen. Zumindest erzählen uns das die Carabiniere, welche mit ihrem Jeep vor dem Eingangstor parken. Warum eigentlich?
Tja, dann trinken wir eben noch 2 Espressi auf dem netten Hauptplatz und Alexander, der Süßzahn, bekommt auch noch eine Portion Profiterol dazu. Als wir so genüsslich von uns hin schlürfen, bemerkt Karin ein Haus, dessen Dachterrasse überbordet vor lauter bunter Blumen und blühender Sträucher. Wie schön! So üppig soll unsere Terrasse zu Hause auch einmal werden.
römische Ausgrabungsstätte |
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Wenige Minuten später finden wir uns auf der Ausgrabungsstätte im Nachbarort Nora ein. Wir lösen Tickets, nehmen den Plan und die Erklärungen entgegen und stapfen los.
Nora wurde im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. von den Phöniziern erbaut und war auch noch unter den Römern Hauptstadt der Insel Sardinien. Im Mittelalter wurde die Stadt dann wegen Überfällen der Sarazenen sowie Mangel an fruchtbarem Land verlassen.
Die Ausgrabungen erstrecken sich über die gesamte Landzunge und haben einige wirklich schöne Stücke zu bieten. So z.B. Überreste eines karthagischen Tempels der Fruchtbarkeitsgöttin Tanit, ein römisches Theater, Reste von kunstvollen Bodenmosaiken und alte römische Straßen, auf denen wir ein Stück zurück in der Geschichte gehen können.
Ebenfalls interessant sind die Badeanlagen mit frigidarium und caldarium, die noch sehr gut erhalten sind. Das alles wird nun bewacht vom Torre del Coltelazzo, einem spanischen Turm, der an der Spitze der Landzunge steht.
Im Licht der sinkenden Sonne bietet die Ausgrabungsstätte einen wirklich malerischen Anblick und wir können uns gut vorstellen, wie die Menschen sich einstmals hier in dieser großen Stadt getummelt haben.
Nach einem ausgiebigen Rundgang verlassen wir Nora und fahren die letzten paar Minuten zurück zu unserem Hotel. Auch der heutige Ausflugstag war wieder voller Erlebnisse und wir sind froh, dieses Stückchen von Sardinien kennen gelernt zu haben.
Nach einem ruhigen und gemütlichen Abend bei Essen und einem Gläschen Wein, fallen wir bald müde in unsere Betten. Schön waren die Erkundungstouren, die wir jedem Sardinienbesucher ans Herz legen können.