Clock House Restaurant |
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Clock House Restaurant |
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Clock House Restaurant |
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Bereits vor 14 Tagen haben wir mit Bukarest die Hauptstadt eines der osteuropäischen Länder kennengelernt. Dieses Mal führt unser Weg noch ein Stückchen weiter nach Süden. Fast auf gleicher Höhe mit Rom liegt eine der ältesten Städte Europas, nämlich Sofia. An einem langen Wochenende wollen wir nun die bulgarische Metropole und ihre nähere Umgebung kennenlernen.
Schon Donnerstag am Abend brechen wir auf und legen ab Wien die Entfernung von nur etwas über eine Flugstunde zurück. Zuvor dürfen wir noch die Erfahrung machen, dass Wien wirklich ein Dorf und unser Flughafen Schwechat sein Hauptplatz ist.
Um Punkt 21:00 machen nämlich die Kreditkartenlounge und alle Cafés bis auf eines zu. Die Geschäfte sind ohnehin schon seit Stunden bumm-dicht und selbst Starbucks bildet hier keine rühmliche Ausnahme.
Glücklicherweise hat aber ein Café zumindest bis 22:00 offen und wir ein paar Videos auf der Festplatte, sodass wir die Zeit bis zu unserem Abflug um 23:10 auch irgendwie überstehen.
Der Flieger ist halb leer und wir können uns in der Exitrow bequem ausstrecken, unsere Brötchen und das Glas Wein bzw. Bier auf den Tischchen verteilen und den mitgebrachten Film in Ruhe fertig anschauen. Beim Landeanflug auf Sofia sind wir schon tief und fest eingeschlafen und fast ein wenig ungehalten, dass wir jetzt aufstehen müssen.
Die vororganisierte Abholung klappt perfekt, denn als wir mit unserer Tasche in die Ankunftshalle rollen, steht da schon ein Fahrer mit Alexanders Namen auf einem Schild. 20 Minuten später sind wir in unserem Hotel, inklusive Erklärung der Hauptsehenswürdigkeiten, an denen wir im Dunkeln vorbei fahren.
Das Hotel Arena di Serdica, eine Empfehlung von Alexanders Arbeitskollegen, ist wirklich sehr schön. In warmem Beige und Terracotta gehalten, wird mit einem reizvollen Kontrast zwischen der klassischen Schlichtheit serdischer Ausgrabungen und fröhlicher Farbigkeit moderner Gemälde gespielt.
Unser Zimmer ist riesig und ebenfalls in den warmen Farbtönen gehalten. Viel bekommen wir davon heute jedoch nicht mehr mit. Nur, dass es ein schönes, großes Bad gibt und in der Truhe vor dem Bett zusätzliches Bettzeug untergebracht ist. Letzteres wird gleich benutzt und mit Kissen und einer weiteren Decke die Ruhestatt noch ein wenig behaglicher gemacht.
So, jetzt noch schnell Wecker stellen und Licht aus. Es ist fast 03:00 und wir sind todmüde. Gute Nachrchrchrrr ....!
Flohmarkt in der Nähe der Alexander-Nevski-Kathedrale |
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Stunden später weckt uns Iz mit Somewhere over the Rainbow". Schon Zeit zum Aufstehen? Ahja, wenn man die Vorhänge aufmacht ist es tatsächlich hell. Es ist mit 08:00 eh richtig spät für uns, die wir normalerweise Frühaufsteher sind.
Das Badezimmer ist auch bei näherer Betrachtung noch eine Wucht! Eine Doppelbadewanne gibt es und eine große Kabine mit Regenwald-Dusche. Dazu Badekosmetik von L'Occitane, die erfrischend nach Zitronenverbene duftet. Da werden die Lebensgeister geweckt.
Beim Frühstück finden wir vieles, was uns schmeckt. Es gibt verschiedene Teesorten und heißes Wasser, gut schmeckenden Orangensaft und wer mag, kann Kaffee aus dem Samowar trinken.
Am Buffet finden sich Frühstückscerialien, Mehlspeisen, Käse, Wurst und Schinken, Obst und Gemüse. In Wärmebehältern gibt es Spiegeleier auf Toast und Reste von Rührei. Letzteres bestellen wir frisch mit Speck.
Während wir uns schon durchkosten, kommen die Eier. Mit Speck wurde wahrlich nicht gespart. Schmeckt gut, ist aber vor allem Karin ein klein wenig zu deftig. Morgen wird es für sie wohl mehr bei dem köstlichen weichen Schafkäse bleiben.
Stiegen hinter dem Hotel |
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Nach dem Frühstück holen wir unsere Fotorucksäcke aus dem Zimmer und erkundigen uns anschließend an der Rezeption über Ausflugsmöglichkeiten. Vom Kloster Rila haben wir Tolles gelesen und spielen mit dem Gedanken, das morgen vielleicht zu besichtigen. Wäre kein Problem, müssten wir nur am Abend Bescheid sagen. Wir überlegen's uns.
Hinter unserem Hotel führt eine Treppe unter schattigen Bäumen nach oben. Linkerhand eine restaurierte Villa mit chilligen Möbeln auf einer gepflegten Terrasse. Ein Restaurant hat sich hier einquartiert. Ob es gut ist, bleibt uns verborgen.
Nur wenige Schritte geradeaus leuchten uns schon die goldenen Kuppeln der Alexander Nevski-Kathedrale entgegen. Wir machen einige Fotos, wozu wir mitten auf der Straße stehen bleiben müssen, um ein wenig das Kabelgewirr aus dem Bildausschnitt zu bekommen.
Die Autofahrer sind das offensichtlich gewohnt, denn sie weichen brav und ohne zu hupen rund um uns aus. Auch andere Touristen tun es uns gleich und gehen auf dem unebenen Pflaster in die Knie.
Bevor wir uns jedoch der Kathedrale näher widmen, wollen wir erst noch den Flohmarkt beäugen, der gerade im Park aufgebaut wird.
Flohmarkt |
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Die Dinge, die hier zum Kauf feilgeboten werden, sind wirklich interessant! Unvermeidliche Matrioschkas und Ikonen, beides wahrscheinlich original made in China, gleich daneben russische Militarkappen mit vielen aufgenähten Abzeichen.
Alexander nimmt ein rundes Ding aus Metall und Glas in die Hand. Es ist eine Uhr, wie man sie in U-Booten verwendet hat. Auf der Rückseite ist ein großes Hakenkreuz eingraviert.
Und so geht es weiter von Stand zu Stand. Alter und neuerer Schmuck, staubige Pelzstolen, Erinnerungsstücke aus dem Krieg, geschnitzte Holzandenken, Schallplatten von Louis Armstrong, Elvis Presley oder Michael Jackson in kyrillisch beschriftet. Die Verkäufer übertreffen teilweise ihre Ware noch an Kuriosität.
Flohmarkt |
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Eine Standzeile ist nur der bildnerischen Kunst gewidmet. Ikonen, dicht an dicht, daneben Ölbilder in allen Größen und vor allem in ziemlicher Scheußlichkeit. Ein Händler versucht sich immer wieder ins Bild zu drängeln und so eine freie Aufnahme seiner Ware zu verhindern. Warum denn?
Ist er überzeugt, dass er so das Copyright schützen kann? Ist er sich der Scheußlichkeit bewusst und will das Ablichten peinlich vermeiden? Oder ist etwas an der Ware nicht in Ordnung? Wir wissen es nicht.
Als wir uns satt gesehen und eine Runde über den Markt gedreht haben, nehmen wir nun doch die Kathedrale in Angriff. Ein paar Treppen führen zum Portal hinauf, wo bereits erste Fresken auf uns herab blicken.
Alexander-Nevski-Kathedrale |
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Die Kathedrale, Sitz des Patriarchats der bulgarisch orthodoxen Kirche, wurde vom bekannten russischen Architekten Alexander Pomeranzew errichtet. Der Grundstein wurde zwar schon 1882 gelegt, ein Großteil der Bautätigkeit jedoch erst im frühen 20. Jahrhundert fertiggestellt. Pomeranzew ist vor allem durch das russische Kaufhaus GUM bekannt geworden.
Das imposante Gotteshaus ist im neobyzantinischen Stil entworfen und hat 5 Kirchenschiffe, die außen in 5 Kuppeln ihre Entsprechung haben, die sich beinahe wie die Perlen einer Weintraube übereinander türmen. Kein Wunder, dass der auffällige Bau das Wahrzeichen Sofias ist.
Geweiht ist die Kirche dem russischen Nationalheiligen Alexander Nevski. Einem Fürsten des Hochmittelalters, der seinen Beinamen Nevski daher hat, dass er 1240 die Schweden in der Schlacht an der Neva in die Flucht schlug. Die Kathedrale selbst wurde zur dankbaren Erinnerung an Zar Alexander II. und die rund 200.000 russischen Soldaten, die bei der Befreiung Bulgariens von der osmanischen Herrschaft im Russisch-Osmanischen Krieg von 1877-78 starben, erbaut.
Alexander-Nevski-Kathedrale, Krypta, Ikonensammlung |
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Alexander-Nevski-Kathedrale |
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Im Inneren wirkt die Kirche wohl primär aufgrund des weihrauchgeschwärzten Dunkels wesentlich kleiner, als man von außen vermuten würde. Sie ist jedoch sehr schön mit Gold, Mosaiken, Lustern, Ikonen und Fresken ausgeschmückt.
Wir beobachten einen Mann, den wir für einen orthodoxen Geistlichen halten. In einen schwarzen, langen Arbeitsmantel gehüllt, eilt er mit ausladenden Schritten durch die Kirchenschiffe. Hinter ihm eine kleine Gruppe Besucher, die versuchen ihm zu folgen.
Er fuchtelt mit Armen, funkelt hinter seiner dicken Brille mit den Augen, erklärt mit leiser aber hektischer Stimme etwas. Und zwischen durch rennt er auf Touristen zu und schimpft diese aus, weil sie sich nicht an das Fotografierverbot halten wollen.
Alexander-Nevski-Kathedrale |
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Alexander-Nevski-Kathedrale |
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Wir sitzen leise und andächtig auf einer Bank an einer Säule. Nur Karin muss wieder einmal ab und an hüsteln, um das Klicken des Auslösers zu übertönen. Einige kleine Hustenanfälle später sind wir wieder draußen und gehen zu einem Seiteneingang, wo Treppen in die Krypta hinab führen.
Im weiß ausgemalten Gewölbe mit den hellen Marmorböden ist Bulgariens und vielleicht sogar Europas schönste Ikonensammlung untergebracht. Malereien, Schnitzereien, Ikonostasen und Ikonen vom 12. Jahrhundert bis heute wurden zusammengetragen und sind hier in aller Ruhe und bis ins kleinste Detail zu betrachten.
Zu den wertvollsten Stücken zählen die Ikone des Hl. Nikolaus von Nesebar aus dem 12. Jahrhundert sowie die Ikonostase aus dem Kloster Rila, die aus dem 19. Jahrhundert stammt. Nach einem ausgiebigen Rundgang durch diese interessante Ausstellung orthodoxer Kunst, sind wir wieder am Nevski-Platz, wo wir nochmals eine Runde drehen und die Kathedrale aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Wir spazieren durch die Standzeile mit den Ikonen, bis wir schließlich vor einer Reiterstatue stehen. Sie stellt Zar Alexander II. dar, der Bulgarien im Russisch-Osmanischen Krieg von den Osmanen befreite. Daher auch der Name des Monument Tsar Osvoboditel, Zar Befreier.
Ferdinand I. von Bulgaria war sowohl bei der Grundsteinlegung am 23. April 1901, als auch bei der Einweihung des fertigen Denkmals am 30. August 1907 anwesend. Arnoldo Zocchi, ein italienischer Bildhauer, der den Wettbewerb für die Gestaltung des Denkmals gewann, lässt den Zaren über einer Gruppe russischer und bulgarischer Soldaten reiten, die von Nike, der griechischen Siegesgöttin angeführt wird.
Im Rücken der Bronze befindet sich das Radisson SAS Hotel, während der Zar sein Gesicht dem Gebäude der bulgarischen Nationalversammlung zuwendet. Wir jedoch wenden uns einem anderen Gebäude zu, nämlich der St. Kliment Ohridski Universität.
Zunächst gehen wir nur am Eingang vorbei, betrachten kurz das Fliegerdenkmal, das im Grün vor der Universität steht, und streben in die nach der Uni benannten Passage. Dort befinden sich nämlich ein paar uns bekannte Geschäfte wie DM und auch ein Billa. Letzterer ist unser Ziel, da wir Wasser und ein bisschen Verpflegung für unterwegs einkaufen wollen. Gesagt getan, die Ware ist fast wie daheim, und schon sind wir wieder draußen.
Alexander ist neugierig wie immer und hat schon die Türklinke vom Portal des Universitätsgebäudes in der Hand, während Karin noch zögerlich die Treppen hinauf steigt. Können wir da wirklich einfach so hinein gehen? Sicher können wir! Mehr, als dass man uns wieder hinaus schickt, kann auch nicht passieren. Doch das tut niemand.
St. Kliment Ohridski Universität |
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Zunächst folgen wir ein paar Treppen ins Untergeschoss, bis wir schließlich in der Mensa(?) landen. Es ist 11:30 und ob der frühen Stunde sind außer einem einzigen Tisch alle Sitzgelegenheiten frei. Obwohl Kellerlokal, so wirkt das Restaurant doch hell, freundlich und durchaus einladend.
Wieder in der Aula angelangt, stehen wir bald vor einem Paar schöner Glasfenster, die Boris I. und Zar Simeon zeigen. Auch wenn Sofias erste Universität mit Ende des 19. Jahrhundert relativ spät gegründet wurde, so geht doch die Tradition des Lehrens im Land bis ins Mittelalter zurück. Just in jene Zeit, als die beiden auf den Fenstern abgebildeten Herren Herrscher Bulgariens waren.
Kliment von Ohrid, der Namenspatron der Uni, war ein Gelehrter, Schüler der slawischen Apostel Kyrill und Method, Klostergründer und Erzbischof. Auf Geheiß des Zaren Simeon soll er zwischen 886 und 893 Tausende Schüler in der angeblich auch von ihm reformierten Schriftsprache unterrichtet haben.
Er entzweite sich eine Zeit lang mit Simeon I., der ihn zum Erzbischof irgendeines entlegenen Kaffs ernannte und damit in die Verbannung schickte. Später versöhnten sich die beiden jedoch wieder und Kliment wurde Erzbischof eben von Ohrid. Als solcher ging er schließlich auch in die Legende ein.
Über den mit Mosaiken verzierten Boden der Aula gehen wir eine marmorne Treppe hinauf. Auch im Mezzanin sowie im ersten Stock befinden sich weitere Glasfenster, die St. Kyrill und Method sowie verschiedene slawische Herrscher und Heilige (was meist ohnehin das gleiche ist) zeigen.
St. Kliment Ohridski Universität |
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St. Kliment Ohridski Universität, Mensa |
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Im ersten Stock befindet sich ein Vortragssaal, der derzeit auch gerade besetzt ist. Ein älterer Herr hält einen Vortrag zu einem grünen Thema, wie wir aus den aufgehängten Plakaten schließen. Wir stecken die Köpfe bei der Tür hinein und lauschen ein wenig, geben jedoch mangels Sprachverständnis bald auf und sehen uns im Vorraum um.
Auf Stehtischchen ist für einen anschließenden Imbiss angerichtet. Es sieht nach Wurstsemmeln und ein paar Keksen aus. Bald schon kommt Personal, das wohl fürchtet, wir könnten uns unbefugter Weise an den für uns eher weniger köstlichen Gerichten gütlich tun. Keine Sorge, wir wollen uns nur umschauen und sicher niemandem etwas wegessen!
Toiletten befinden sich ebenfalls hier heroben und jene frequentieren wir. Hier macht sich jedoch vor allem bei den Damen bemerkbar, dass wir uns ein wenig östlicher als gewöhnlich befinden. Mitteleuropäischen Standard kann man die Nassräume hier nicht nennen.
Als wir aus dem Unigebäude wieder hinausgehen, kommt gerade die Sonne ein wenig hinter den dicken, grauen Wolken hervor und lässt die Kuppeln der Nevski-Kathedrale aufleuchten. Wir schlendern durch den Park und gehen auf die Nationalbibliothek zu. Hat der Taxifahrer gestern nicht gemeint man könnte sie besichtigen? Versuchen wir's!
Schon 1939 wurde mit dem Bau dieses neo-klassizistischen Gebäudes begonnen, doch gab es wegen des 2. Weltkriegs einen Baustopp. Erst 1953 konnte die Bibliothek offiziell eröffnet werden.
Die Bücherei hat eine Kapazität von 1½ Millionen Büchern und einen Lesesaal mit 450 Plätzen. Ivan Vasiliov und Dimitar Tsolov waren die Architekten, die das Gebäude entwarfen. Im Garten vor dem Hauptportal steht eine Statue der Heiligen Kyrill und Method, die der Bibliothek ihren Namen gab.
Ein freundlicher älterer Herr, der auch ganz gut englisch spricht, lässt uns durch eine Schleuse passieren. Im Vorraum und im Karteiraum dürfen wir uns gerne umsehen. Aber bitte nicht weiter und auch keine Fotos. Ok, wir werden uns daran halten.
Was wir vorfinden ist zwar weder weitläufig noch großartig, doch nicht minder interessant. Hier scheint es noch keine elektronische Bücherverwaltung zu geben, denn vor uns sehen wir Kästen um Kästen, die alle mit Tausenden Karteikarten gefüllt sind. Es ist schon sehr lange her, dass wir so etwas gesehen haben.
Da wir ja nicht sehr weit in die Bibliothek vordringen dürfen, sind wir hier auch relativ schnell wieder draußen. Wir verabschieden uns vom freundlichen Pförtner und verlassen das Gebäude.
Park der St. Kliment Ohridski Universität |
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Karin ist heiß |
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Auf unserem Weg zurück zur Uni hält eine Litfasssäule unseren Blick gefangen. Jahrzehnte an beworbenen Veranstaltungen lösen sich in Form von ausgebleichten Plakaten von der Säule und scheinen sich nun zu deren Füßen zu ergießen. Ob dies eine abgebrochene Reinigungsaktion oder einfach nur Verwitterung ist, wissen wir nicht.
In den Höfen der Universität gibt es immer wieder Grün, Bänke und auch ein kleines Café mit Sonnenschirmen. Sogar Karin wird in der Sonne warm und sie zieht den Sweater aus. Wir lassen uns den Studenten gleich auf einer Bank im Schatten nieder, trinken Wasser, teilen uns ein Snickers und lesen im Reiseführer, was wir uns als nächstes ansehen könnten.
Russische Kirche Hl. Nikolaj |
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Gleich ums Eck in der Straße Tsar Osvoboditel gibt es die Russische Kirche, die sehenswert ist. Zwischen 1912 und 1914 wurde teilweise von denselben Bauarbeitern, die auch an der Nevski-Kathedrale arbeiteten, die Kirche des Hl. Nikolai erbaut. Zwischen Birkenlaub und Holunderbüschen sieht man ihre goldenen Zwiebeltürmchen hervorlugen, die das weißgetünchte Gotteshaus mit den Schnitzerei verzierten Simsen krönen.
Angeblich wurde die Kirche für einen russischen Diplomaten erbaut, der sich fürchtete ein bulgarisches Gotteshaus zu betreten, aber trotzdem in die Messe gehen wollte.
Der Hl. Nikolai, dem die Kirche geweiht ist, gilt als Wundertäter. Es ist daher üblich, Wünsche auf Zettelchen zu schreiben und diese in eine Holzkiste beim Sarkophag des Bischofs Serafim in der Krypta zu stecken - in der Hoffnung, dass die so vorgebrachten Bitten Erfüllung finden.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich ein ebenfalls interessant anzusehendes Gebäude. Es handelt sich dabei um das Hauptquartier der größten bulgarischen Versicherung DZI, welches in diesem sechsstöckigen Haus untergebracht ist. Errichtet wurde der Bau in den Jahren 1914 bis 1926 nach Entwürfen des Architekten G. Fingov.
Gebäude der bulgarischen Versicherung DZI |
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Gebäude der bulgarischen Versicherung DZI |
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Wir gehen die Straße Tsar Osvoboditel weiter entlang und kommen am ehemaligen Zarenpalast am Battenberg-Platz vorbei. Ursprünglich war es der Sitz des Statthalters der Osmanischen Besatzungsmacht und auch das Hauptquartier der Polizei war hier neben Verwaltungsbüros untergebracht.
Vassil Levski, führender Revolutionär und Gründer der Inneren Revolutionären Organisation und des BRZK (Bulgarisches Revolutionäres Zentralkomitee) wurde 1872 hier vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Im Februar 1873 wurde das Urteil dann in der Nähe von Sofia vollstreckt und Levski erhängt.
Nach der Befreiung wurde der Palast Sitz von Fürst Alexander Battenberg und zum ersten Sofioter Gebäude, das im zeitgenössischen Wiener Stil modernisiert wurde. Die Architekten Rumpelmaier und Grünanger fügten dem Gebäude zu dieser Zeit jeweils einen Flügel zu.
Heute beherbergt es die Nationalgalerie und das Ethnographische Museum. Nachdem zuletzt der Außenfassade zu altem Glanz verholfen wurde, müsste man sich nun den Innenräumen widmen, die zahlreiche herrschaftliche Gemächer beinhalten.
Uns fallen an der Außenfassade die Violinenköpfe auf, die aus den Schornsteinen ragen, sowie eine Notenzeile, die zwischen den Kaminen fest gemacht ist. Über die Bedeutung des außergewöhnlichen Dachschmucks konnten wir leider nichts Näheres in Erfahrung bringen.
Wir gehen am Amtssitz des Präsidenten vorbei und betrachten die Wachen in ihren weißen Uniformjacken mit den roten Tressen. Richtig schick sehen sie aus, mit blitzblank polierten Stiefeln, einer kecken Feder auf der Kappe und todernster Miene.
wache vor dem Präsidentenpalast |
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Um die Ecke treten wir durch einen schmalen Durchlass in einen großen Hof und sind plötzlich wie in einer anderen Welt. Auf der Rückseite des Hotels Sheraton ist es im Gegensatz zum Boulevard draußen ganz still. Gepflasterte Straßen umgeben eine von einer niedrigen Mauer umschlossene Ausgrabungsstätte, in der sich auch Sofias ältestes Gebäude befindet.
Die Rotunde von Sv. Georgi, ein roter Backsteinbau, stammt aus dem 4. Jahrhundert und wurde auf den Ruinen einer römischen Thermenanlage errichtet. Farbe und Form alleine bilden schon einen starken Kontrast zu den hellen, glatten Fassaden des Hotels aus den 1950er Jahren und der umliegenden Gebäude.
Im Inneren der Kirche sind Kuppelbemalungen und Fresken zu bewundern, von denen die ältesten aus dem 6. Jahrhundert stammen. Der Eintritt kostet BGN 2.-, das Fotografieren ist jedoch nicht erlaubt und man wird auch ersucht, die Anwesenden nicht in ihrer Andacht zu stören.
Hier in der kleinen Georgi-Rotunde, wie auch in allen anderen Kirchen in Sofia und auch in Bukarest, wo wir ja vor 14 Tagen waren, findet man stets viele Gläubige.
Rotunde St. Georgi (Sveti Georgi Kirche) |
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Die Religion ist viel tiefer im täglichen Leben verankert, als dies bei uns der Fall ist. Dem zollen wir natürlich Respekt, nehmen auf Stühlen in der kleinen Kirche Platz und betrachten still die antiken Kunstwerke.
Nach einiger Zeit verlassen wir die Rotunde wieder, treten hinaus in den immer noch ruhigen Hof und schauen uns um. Auf der niedrigen Mauer, welche die Ausgrabungsstätte umgibt, sitzen Leute. Freundinnen halten einen Tratsch, ein junger Mann telefoniert mit seinem Handy, eine Asiatin studiert angestrengt den Stadtplan.
An einer Ecke befindet sich ein griechisches Lokal, das sehr authentisch aussieht. Kein Wunder, ist doch die griechische Grenze weniger als 200 km von Bulgariens Hauptstadt entfernt. Unter einer Weinlaube befindet sich ein schattiger Gastgarten, in dem 2 orthodoxe Geistliche in eine Diskussion verstrickt sind.
Nedelya Kirche |
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Den Nedelya-Platz überqueren wir und gelangen schließlich auf den Nezavisimost. Hier steht auf einer 16 Meter hohen Säule Sofia, die Schutzheilige der Stadt. Seit 2001 wacht die Statue aus Kupfer und Bronze, ein Werk des Bildhauers Georgi Capkanov, über den tosenden Verkehr. Sie hat Lenin verdrängt, der bis 1991 hier gestanden hatte.
Ihr mit einer Mauer gekrönter Kopf symbolisiert Wehrhaftigkeit, die Eule auf ihrem Arm die Weisheit und die Münzen in der geschlossenen Hand sollen der Stadt Sofia Reichtum bringen. Ein bisschen streng schaut die Dame jedoch trotz ihres goldenen Antlitz.
Nedelya Kirche |
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Nedelya Kirche |
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Zurück am Nedelya-Platz fällt uns einer dieser Eisstände auf, hinter dessen Glasvitrine sich quietschbunte Speiseeisberge türmen, verziert mit Nüssen und kandierten Früchten. Schon einmal sind wir in Kroatien einer solchen Versuchung erlegen, die sich dann nur als picksüß heraus gestellt hat. Hier widerstehen wir gleich, was ob des wenig freundlichen Wetters auch ungleich leichter ist.
Den Platz dominiert die Kirche St. Nedelya, die ihm auch seinen Namen verlieh. Zwischen 1856 und 63 wurde der Bau an der Stelle errichtet, wo schon im Mittelalter eine Kirche stand. Nach einem Bombenattentat auf Zar Boris III. 1925, das dieser im Gegensatz zu vielen Opfern des Anschlags überlebte, wurde die Kirche komplett neu gestaltet.
Im Inneren ist St. Nedelya schön ausgeschmückt. Ikonenverzierte Bronzeluster hängen in der Kuppeldecke, eine ganze Reihe von Opferkerzen tauchen das Gold in warmes Licht und eine üppig mit Schnitzwerk verzierte Ikonostase vom Samokover Meister Nikola Dospevski ist ebenfalls zu bewundern.
Säule der Hl. Sofia |
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Säule der Hl. Sofia |
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Wieder draußen macht sich schön langsam Hunger bei uns bemerkbar. Auf dem Platz sehen wir den großen Gastgarten von Happy Bar & Grill, einer bulgarischen Restaurantkette, bei der man bekanntlich unkompliziert und gut isst. Na dann hinein mit uns.
Die Kellnerinnen in ultrakurzen roten Röckchen sprechen allesamt Englisch, die Speisekarte ist multilingual und mit Bildern der Gerichte versehen. Wir trinken lokales Bier und bestellen Schopska Salat und zwei verschiedene Arten Huhn.
Das Bier kommt schnell und schmeckt süffig. Die Speisen lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Zuerst der Schopska Salat, aus geschnittenen Paprika, Gurken und Paradeisern mit viel geriebenem Balkankäse dazu. Danach einmal Huhn mit einer wohlschmeckenden Sauce für Alexander und panierte Sticks für Karin.
Zwischendurch kann man sich etwaige Wartezeiten mit dem kostenlosen WLAN verkürzen und schnell mal seinen Status in Facebook updaten oder Webmails checken. Ein modernes und sympathisches Konzept bietet diese Kette.
Gestärkt und ausgeruht zieht es uns noch einmal zu Sofia, diesmal genau zu ihren Füßen. Hier, in einer Metropassage halb versunken, befindet sich die ehemalige Sattlerkirche St. Petka Samardzijska. Ein römischer Tempel wurde hier im 14. Jahrhundert mit diesem einschiffigen Kirchlein überbaut.
Gegen BGN 2.- darf man sich in der Kirche genauer umsehen, in den verwinkelten Räumen frei bewegen und theoretisch auch Fotos von den Fresken aus dem 14. bis zum 18. Jahrhundert machen. Letzteres setzt voraus, dass man an diesen Gefallen findet, was bei uns nicht so der Fall ist. Die Fragmente sind nicht sonderlich gut erhalten oder restauriert und kämen wohl eher als dunkle Mauerflecken auf den Fotos.
Anschließend wollen wir uns die Zentrale Markthalle ansehen. Sie befindet sich gegenüber der Moschee und ist eine Eisenkonstruktion, in deren Innerem Obst, Gemüse, Fertiggerichte und allerlei Leckeres zum Verkauf angeboten werden soll.
Als wir eintreten, sind wir jedoch ein bisschen enttäuscht. Zwar ist alles hell, sauber und modern, doch leider fehlt jegliches Flair. Das bunte, lebendige Treiben, das Märkte normalerweise so reizvoll macht, ist hier gänzlich verloren gegangen und die Atmosphäre erinnert bestenfalls an einen amerikanischen Food Court. Schnell sind wir hier wieder draußen.
Gleich ums Eck in der Ul. Knjaz Boris befindet sich die Synagoge Sofias. Wir stehen zunächst mit einigen anderen Besuchswilligen vor einem verschlossenen Tor in einer Mauer und schauen einander ratlos an. Eigentlich sollte jetzt geöffnet sein? Als wir schon fast wieder gehen wollen, wird die Türe von Innen aufgemacht und wir können eintreten.
Gegen einen geringen Obolus dürfen wir uns in dem Gotteshaus der jüdischen Gemeinde Sofias, welches in den Jahren 1905 - 1909 vom österreichischen Architekten Friedrich Grünanger erbaut wurde, nahezu frei bewegen.
Die Kuppel, die sich über den großen Saal wölbt, ist nahezu 30 Meter hoch. Der Raum ist eine Mischung aus Wiener Jugendstil und maurischem Palast. Auf blauem Grund leuchten goldene Sterne, es gibt orientalische Fenster und in der Mitte hängt ein schöner Messingluster.
Synagoge Sofias |
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Synagoge Sofias |
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Auch in den ersten Stock dürfen wir hinauf, wo ebenfalls Stühle stehen, die wie von einer Tribüne in den großen Saal hinunter sehen. Hier oben ist man noch ein Stück näher der Kuppel und kann die prächtigen Ornamente aus nächster Nähe betrachten.
Bei den Ausmaßen können wir uns gut vorstellen, dass die Synagoge von Sofia zu einer der größten Europas zählt.
Wieder auf der Straße streben wir nun dem Zentralbad zu. Es wurde 1911 erbaut und ist noch heute in Betrieb - wenn es nicht, so wie jetzt gerade, wegen Renovierung geschlossen ist. Uns ist daher leider nur möglich, die mit buntglasierten Kacheln verzierte Fassade des Gebäudes zu bewundern.
Angeblich ist es üblich, dass Sofioter sich am Brunnen des Bades täglich ihr Heilwasser holen. Wenn wir uns die Pensionisten ansehen, die im Park vor dem Bad aufgereiht sitzen wie Hühner auf ihrer Leiter, so können wir uns das tatsächlich lebhaft vorstellen.
Zentralbad |
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Moschee Banja Basi |
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Bei der Banja Basi Moschee schräg gegenüber haben wir mit einem Besuch ebenfalls kein Glück. Zwar wird hier nicht renoviert, jedoch erklärt man uns, dass die Zeit für einen Besuch gerade nicht günstig sei. In 1 Stunde vielleicht. Warum? Keine Ahnung. Jedenfalls wollen wir nicht solange warten, denn wir sind vom vielen Herumlaufen mittlerweile schon rechtschaffen müde.
Auf dem Retourweg zu unserem Hotel, fallen wir in einen der kleinen Läden ein, die wir für uns „Spritbox” getauft haben. Das sind winzige Geschäfte, oft wirklich nicht größer als ein Umzugskarton, manchmal auch nur eine Kellerluke, in denen Alkoholika, Tabak- und Süßwaren verkauft werden. Nichts anderes, nur eben diese Art von „Sprit”.
Wir erstehen eine Flasche heimischen Merlot der mittleren Preisklasse, Snickers sowie gesalzene Nüsse und Mandeln. Hunger haben wir aufgrund unserer eher späten Mahlzeit im Happy zwar nicht, aber der Abend dauert ja noch ein wenig und ein bisschen was zum Naschen ist jedenfalls fein.
Im Hotel angekommen bestellen wir bei der Rezeption das Taxi für den Tagesausflug zum Kloster Rila. Wir sind sicher, die Major Sights von Sofia abgelaufen zu haben und wollen uns dieses Weltkulturerbe keinesfalls entgehen lassen. Den Treffpunkt machen wir für 09:00 am nächsten Morgen aus.
Auf unserem Zimmer entladen wir die Fotos, machen es uns gemütlich und schauen noch eine Folge einer Serie an, die wir auf dem PC mithaben. Bald fallen uns die Augen zu, denn die immer noch nicht ganz verdaute Anreise und der ausgiebige Spaziergang treiben uns in Morpheus Arme. Und morgen machen wir einen Ausflug für den wir ausgeruht sein möchten. Gute Nacht!