Hotel Santini Residence, unser Frühstück |
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Hotel Santini Residence, unser Frühstück |
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Uah, guten Morgen! Herrlich haben wir geschlafen in unseren kühlen Betten unterm Dach der Santini Residence. Jetzt heißt es aufstehen und sich präsentabel machen, denn in wenigen Minuten wird uns das Frühstück auf's Zimmer serviert.
Zähneputzen, Haare kämmen, den Bademantel umwerfen und schon klingelt es an unserer Tür und unsere Bestellung wir hereingebracht. Für Karin gibt es Pfefferminztee, ein weiches Ei, Müsli (eher so eine Art Schokocrispies, die dann doch übrig bleiben), Joghurt, frische Früchte (wirklich große Stücke), Honig und Vollkorngebäck.
Alexander bekommt Ham & Eggs, Brot, ein Croissant, Butter, Marmelade, Kaffee (der ist eher dünn), Joghurt und ebenfalls frische Früchte (die sind in genauso große Stücke geschnitten wie bei Karin).
Parkanlage Stromovka |
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Wir drapieren alles auf einem kleineren Beistelltischchen und decken den größeren Esstisch mit Tellern, Servietten, Getränken und dem Essen, das wir jeweils gerade in Bearbeitung haben. Es schmeckt vorzüglich und vor allem genießen wir die Intimität unserer Suite. Man muss sich mit niemandem am Buffet anstellen oder sich Geschichten von dem eigenen Empfinden nach zu lauten Mitgästen anhören. Oh heilige Ruhe!
Als wir satt sind gehen wir erst mal ausgiebig duschen und ziehen uns anschließend für den Stadtgang an. Kurze Hosen, T-Shirt, Sandalen - möglichst wenig und möglichst dünne, saugfähige Kleidung, denn heute soll es wieder sauheiß werden. Noch schnell die Frühstückswünsche für morgen ausfüllen, Fotorucksäcke schnappen und schon geht's los.
An der Rezeption geben wir unsere Bestellung ab und wechseln ein paar freundliche Worte über das Wetter und unsere heutigen Vorhaben. Wirklich nett ist das Personal hier und stets bemüht, mit Freundlichkeit und eventuell auch Tipps, den Aufenthalt noch angenehmer zu gestalten.
Jansky Vrsek |
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Nerudova, italienische Botschaft |
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Da es noch nicht allzu spät und die Sonne noch nicht so stark ist, beschließen wir, mit der Prager Burg zu beginnen und gehen die Nerudova bergauf. Die Läden sind noch geschlossen und die Cafés auch noch nicht geöffnet. Man ist gerade dabei, die Blumentröge zu gießen und die Stühle von den Tischen runter zu heben und zurechtzurücken. Auch kaum andere Touristen sind unterwegs, sodass wir einen noch verschlafenen Samstagmorgen auf der Kleinseite erleben können.
Die Nerudova, benannt nach dem tschechischen Journalisten, Dichter und Schriftsteller Jan Neruda, der hier auf Haus Nr. 47 „Zu den zwei Sonnen” eine zeitlang gewohnt hat, ist Teil des ehemaligen Königsweges und von barocken Palais und ehrwürdigen Gebäuden nur so gesäumt. So ist z.B. gleich neben unserem Hotel das Palais Thun-Hohenstein, in dem heute die italienische Botschaft untergebracht ist. Ihr Portal wird von zwei großen Adlern flankiert, die ihre Köpfe den Eintretenden zuwenden.
Etwas weiter oben überragt das Palais Schwarzenberg mit seinem markanten schwarz-weißen Sgraffito die barocken Häuschen. Einstmals Stadtresidenz der Adelsfamilie Lobkowitz ist das Palais heute ein Museum und gehört zur Prager Nationalgalerie. 2008 wurde das Gebäude generalsaniert und erstrahlt nun in neuem alten Glanz.
Nerudova |
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Die Alte Rathausstiege liegt bereits im Sonnenschein vor uns als wir unseren Weg zur Burg fortsetzen. Im schmalen Schattenstreifen steigen wir zwischen den Heiligen Johann Nepomuk und Josef die Treppen hinauf und folgen dem malerischen Weg zur Burg. Das Alte Rathaus mit seinem Erker und dem im Gegensatz zum Palais Schwarzenberg roten Sgraffito-Schmuck sowie die umliegenden, verwinkelten Gebäude bieten einen reizvollen Anblick.
Das Café Mystic lassen wir links liegen (liest man die Einträge auf TripAdvisor so ist das ohnehin das einzige, was man damit machen kann) und gehen durch den kühlen Durchgang vorbei am Tralala Art Café bis wir schließlich am Hradschiner Platz stehen.
Vor dem ersten Burghof sind Oldtimer aufgestellt, mit denen man eine Stadtrundfahrt machen kann. Sicher sehr stilvoll, aber wir wollen lieber zu Fuß gehen und falls doch nicht, hätten wir ja unser eigenes Cabrio mit.
Prager Burg, St. Veits-Dom |
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Palais Schwarzenberg |
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Durch das Mathiastor gelangen wir in den ersten Burghof den wir überqueren, um schnurstracks zu den königlichen Gärten zu gelangen. Diese machen leider erst um 10:00 auf und wir haben wenig Lust, hier am Eingang zu warten. Durch das schmiedeeiserne Tor machen wir ein paar schöne Aufnahmen vom Dom, der von Bäumen umrahmt wird.
Wie wär's mit einem Blick in den St.-Veits-Dom? Und schon sind wir dorthin unterwegs.
Doch was ist das?! Eine wirklich ur-lange Menschenschlange hat sich bereits vom Portal des Doms die ganze Längsseite entlang gebildet. Jetzt schon, zu dieser frühen Stunde! Wir sind entsetzt. Außerdem fällt uns auf, dass es sich bei den anstehenden Besucher:innen durchwegs um Pensionist:innen handelt.
Uns ist eigentlich nicht verständlich, warum die Herrschaften gerade im Hochsommer urlauben, wo es doch in der Nebensaison sowohl vom Klima als auch vom Andrang her viel angenehmer wäre. Egal, wir flüchten jedenfalls und schauen uns den Dom nur von außen an, indem wir ihn einmal umrunden.
Prager Burg, Königsgarten |
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Unser nächstes Ziel ist der Paradies-Garten, den wir uns ansehen wollen und von dem aus wir uns dann einen Zugang zu den Gärten unterhalb der Prager Burg erhoffen. Bereits seit der Zeit von Ferdinand I., seit dem Jahre 1534, gedeihen die Gärten rund um die Burg und beherbergen nicht nur Grün sondern auch zahlreiche Barock- und Renaissance-Figuren namhafter Künstler und auch interessante Gebäude.
Zunächst werfen wir noch einen Blick auf den Ort, an dem sich im Jahr 1618 der zweite Prager Fenstersturz ereignet hatte. Knapp 200 Vertreter der protestantischen Stände unter der Führung von Heinrich Matthias von Thurn zogen damals auf die Prager Burg.
Nach einer improvisierten Gerichtsverhandlung warfen sie die in der Hofkanzlei anwesenden kaiserlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata aus einem Fenster in 17 Metern Höhe. Den Schreiber Philip Fabricius warfen sie im Anschluss auch noch hinterher.
Direkt ums Eck dieser Sehenswürdigkeit gibt es einen Ort der Entspannung (WC), den wir nun nacheinander aufsuchen. Als Karin an der Reihe ist, säubert die diensthabende Toilettendame gerade den Boden und kann daher kein Geld kassieren. Dafür gibt es eine große Metallbox, auf dem der Preis von 0,50 CZK angeschrieben ist. Karin wirft ein und geht auf eine Kabine zu.
Da kommt die Toilettendame wie eine gereizte Furie auf sie zugeschossen und will sie nicht hineinlassen. Offensichtlich hat sie den Münzeinwurf nicht bemerkt und verlangt nun vehement den Eintritt. Nach einigem lauten Hin und Her gelingt es Karin schließlich, die Dame von der Rechtmäßigkeit ihres Eintretens zu überzeugen und ohne Fenstersturz eine Kabine zu benutzen. Ein durchaus wehrhaftes Volk, die Böhmen!
Wieder entspannt nähern wir uns nun dem oberen Ausgang der Gärten unterhalb der Burg. Der Blick hinunter auf die Stadt ist traumhaft und jetzt im Sommer sehen auch die begrünten Hänge noch freundlicher aus als im zeitigen Frühjahr, in welchem wir sie erstmals kennen gelernt haben. Das Türchen zu den Gärten finden wir gleich, allerdings ist es fest verschlossen.
Prager Burg, Blick über Prag |
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Treppen führen hinunter und wir klettern diese bergab, um vielleicht noch einen anderen Eingang zu finden. Doch leider, außer hochmodernen aber fest verschlossenen Toiletten, blühenden Rosenbüschen, einem Musikpavillon und weiteren Gittern ohne Einlass, gibt es hier nichts und schon gar kein Tor in die Gärten. Schade, dann werden wir uns wohl mit dem Blick von außen begnügen, denn bei der Hitze wollen wir nicht hinunter und den ganze Weg dann wieder hinauf laufen.
Wir drehen um, gehen zurück zum Veits-Dom, an diesem vorbei und am anderen Ende wieder aus der Prager Burg hinaus. Am Südhang zwischen der Stützwand des „alten Schlosses” und dem oberen Höhenweg befindet sich St. Wenzels Weingarten, ein kleines Weingut in wunderbarer Lage.
Die Geschichte von St.Wenzels-Weinberg geht, ins 10. Jahrhundert zurück. Es handelt sich um den ältesten Weinberg Böhmens, der angeblich vom Fürsten Wenzel, dem Schutzpatron der Tschechen, angelegt wurde. Heute ist der St.Wenzels-Weinberg mit den Sorten Blauburgunder und Rhein-Riesling bepflanzt. Blauburgunder ist hier zu Ehren von Karl IV. angebaut, der diese Sorte aus Frankreich mit nach Böhmen gebracht hat.
Nach einer umfassenden, mehrjährigen Restaurierung wurden die St.-Wenzels-Weingärten und das klassizistische Gartenhaus Villa Richter im September 2008 auf der Prager Burg feierlich wieder eröffnet.
Prager Burg, Schwarzer Turm (Ostturm) |
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St. Wenzels-Weingut (Svatovaclavska Vinice), Blick auf Prag |
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Sogenannte Erlebnisgastronomie, die sich auf eine Kombination von feinem Essen, erlesenen Weinen und toller Aussicht spezialisiert hat, prägt jetzt die Atmosphäre der Hänge. Die Terrassen sind mit Loungemöbeln bestückt, auf denen sich chillen und romantisch kuscheln lässt.
Wir sind sehr angetan von dieser schönen Örtlichkeit und können uns am Anblick von Nikolaus-Kirche und Schloss zwischen den grünen Weinreben hindurch kaum satt sehen.
Als wir über die begrünten Hänge wieder hinunter zur Metrostation Malostranska kommen, haben wir uns eine Erfrischung wahrlich verdient. Da es uns gestern gut gefallen hat, kehren wir auch heute wieder auf 2 Chillers bei Gloria Jean's Cafe ein. Alexander nimmt sich nochmal einen Very Vanilla und Karin diesmal einen Mango Chiller. Mmmmh, lecker - und so schön kalt!
Wir knotzen uns in die gemütlichen Lehnsessel, nuckeln an unseren Getränken und beratschlagen, was wir uns als nächstes ansehen wollen. Alexander findet einen interessanten Spaziergang in unserem Reiseführer, der uns über das alte Ausstellungsgelände in den Baumgarten und zum Schloss Troja führt. Den wollen wir laufen!
Vystaviste Praha, Industriepalast |
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Doch zunächst bringt uns die U-Bahn nach Holesovice, wo der Spaziergang beginnt. Das ist genau der Bahnhof, von dem aus Karin bei ihren tourlichen Dienstreisen nach Prag wieder nach Hause gefahren ist. Sie kennt daher die Geschäft und vor allem die Proviantstandeln sehr gut hier. So landen wir bei Mr. Baker und kaufen uns ein Vollkornbaguette mit Schinken und Käse und ein Cola, das wir später im Grünen verzehren wollen.
Da keine Straßenbahn in Sicht ist, gehen wir die 10 Minuten zum Ausstellungsgelände zu Fuß. 1891 fand hier im Stadtteil Holesovice die Jubiläumsausstellung der tschechischen Wirtschaftstreibenden statt. Mit großen Ambitionen gestaltete man eine Schau, die sich die Wiener Weltausstellung von 1873 als zu übertreffendes Vorbild nahm. Industrie, Landwirtschaft, Handwerk, Dienstleistungen und schöne Künste sowie Wissenschaft und Technik stellten sich vor und feierte die nationalen Traditionen.
Das bedeutendste Überbleibsel der Jubiläumsausstellung ist sicherlich der Industriepalast, eine 238m lange Stahlbogenkonstruktion mit einem 51m hohen Turm in der Mitte. Dieses Gebäude ist es auch, dass sogleich den Blick auf sich zieht, sobald man das Gelände betritt. Der gesamte linke Flügel des Industriepalastes fiel im Oktober 2008 einem Großbrand zum Opfer, sodass heute leider nur mehr ein Teil zu sehen ist. Doch zunächst befassen wir uns mit dem Gebäude rechts vom Eingang.
Vystaviste Praha |
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Ein ursprünglich nur saisonal für die Jubiläumsausstellung errichteter Pavillon mit Säulen und blau gestrichenen, geschwungenen Dächern ist heute als Lapidarium bekannt. Der Bau wurde von Renaissance zu Jugendstil umgestaltet und gehört zum National Museum. Hier sind architektonische und bildhauerische Werke vom 11. bis zum 19. Jahrhundert ausgestellt - alle aus Stein, was zum Namen Lapidarium geführt hat.
Magisch zieht uns der Industriepalast an und wir finden immer wieder neue Details, die wir uns genauer ansehen wollen. Da kommt es uns gerade recht, dass hier eine Outdoor Messe stattfindet. Eintritt ist auch frei und schon sind wir drinnen.
Vystaviste Praha, Industriepalast |
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Etwas schwül ist es, aber das wird durch die schönen Glasfenster mit Jugendstilmotiven gleich wieder wett gemacht. Die ausgestellten und käuflich erwerbbaren Gegenstände sind auch nicht uninteressant. Wir erstehen ein paar bunte Karabiner und 2 dezente, farbige Flaschenöffner, die sich gut am Lanyard mit dem Dienstausweis befestigen lassen. So hat man den Öffner für die Mineralwasserfläschchen immer dabei.
Wir wechseln noch ein paar deutsche Worte mit der Verkäuferin und sind schon wieder am Weg hinaus, als Alexander von einer Angestellten darauf aufmerksam gemacht wird, dass man hier gar nicht fotografieren darf. Es gibt wieder mal keine wirkliche Begründung dafür, aber es ist ohnehin schon zu spät für Ermahnung, denn das Wichtigste ist bereits im Kasten. Tatsächlich sehen wir dann am Eingang ein Verbotspickerl - winzig klein und ganz vergilbt.
Wir gehen jetzt hinter den Industriepalast, wo sich ein weiteres Kuriosum befindet: der Krizik-Brunnen. Frantisek Krizik war ein tschechischer Industrieller, Techniker und Erfinder, der aufgrund seines Beitrages zur Elektrifizierung Böhmens durch den Bau von Kraftwerken und der Einführung der elektrischen Straßenbahn auch gerne „tschechischer Edison” genannt wurde.
Der von ihm gestaltete Brunnen dient dazu, Musik auch optisch erlebbar zu machen. Computergesteuert lassen sich die Wasserfontänen passend zur Musik des jeweiligen Konzertes anstrahlen. Das Orchester findet auf einer 5-flächigen Tribüne im Wasser Platz.
Vystaviste Praha, Krizik Springbrunnen |
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Jetzt am helllichten Tag sieht alles etwas verlassen und auch ein bisschen verrostet aus. Es erinnert an ein Science Fiction-Museum oder an Teile aus einer Raumschiff Enterprise Kulisse.
Beim Verlassen des Ausstellungsgeländes kommen wir noch an der Akademie der schönen Künste vorbei, deren Fassade mit Büsten von Künstlern geschmückt ist. Hinter dem dichten Laub von Obstbäumen können wir den starken Kontrast von schwarzer Malerei auf gelbem Grund bewundern.
Parkanlage Stromovka |
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Wir halten uns nun rechts und kommen in den Stromovka-Park, den ehemaligen königlichen Wildpark. Die Stromovka, auch Baumgarten genannt, ist für Prag was der Central Park für New York oder der Hyde Park für London - eine grüne Lunge, ein Erholungsparadies für die Prager:innen komponiert aus uraltem Baumbestand, Blumen und Wiesen und einer interessanten Geschichte.
Vom 13. Jahrhundert an war die Stromovka Jagdgehege und Lustgarten der Herrscherklasse. Doch erst Kaiser Rudolf II. widmete sich, seit seinem Umzug von Wien nach Prag im Jahr 1582, dem Park besonders intensiv. Zahlreiche Seen und Teiche ließ Rudolf anlegen, gespeist von Moldauwasser. Damit dieses auch hierher fließen kann, wurden mit Hilfe der Bergbauleute aus Kuttenberg, dem heutigen Kutna Hora, die so genannten Rudolfs-Stollen angelegt.
Die Stollen, die einstmals mit Booten befahren wurden, sind heute leider nicht mehr zu besichtigen. Dennoch sind sie Zeugen des herrschaftlichen Vergnügens von anno dazumal.
Doch bevor wir uns weiter ins üppige Grün vorwagen, um noch mehr im alten Baumgarten zu entdecken, gibt es erst einmal unser mitgebrachtes Weckerl und die Getränke. Als wir alles verzehrt haben statten wir dem Planetarium einen kurzen Besuch ab, der Dank Alexanders Charme erfolgreich ist - wir dürfen die Toiletten auch ohne Eintrittskarten benutzen.
So erleichtert kann Alexander der Verlockung nicht widerstehen und kauft bei einem Standl im Park ein Cornetto. Leider bemerkt er erst beim ersten Schlecken, dass das Eis in einer Kühl- nicht aber in einer Gefriertruhe gelagert war. Das Cornetto rinnt ihm nämlich schon entgegen und lässt sich bestenfalls aus dem Papierstanitzel trinken. Naja, nicht ganz was er sich vorgestellt hatte.
Weiter führt uns unser Weg zur Königlichen Halle. Einstmals war es ein Restaurant, jetzt ist das Gebäude nur noch eine baufällig Ruine, die teilweise mit rohen Holzbalken gestützt ist. Witzig ist der kleine, sehr rustikale Imbiss mit Gastgarten und Mobilklo, der gleich angrenzend sein Glück versucht. Auf dieselbe Klientel wie die Königliche Halle darf er wohl nicht hoffen.
Vorbei an sommerlich bunten Blumenbeeten folgen wir dem Weg noch ein Stück, bis schließlich rechts eine Abzweigung uns einen Hügel hinauf führt. Schatten ist nur teilweise vorhanden und Karin kämpft ein wenig mit niedrigem Blutdruck. Es ist auch wirklich zu heiß heute! Es hilft nur viel trinken, viel schwitzen und langsam aber beharrlich weiter hatschen.
Oben angelangt sehen wir das Ende des 15. Jahrhunderts unter dem Jagellonenkönig Vladislav erbaute Jagdschloss. Königliche Jagdgesellschaften bevölkern das Lustschloss schon lang nicht mehr, dafür ist seit 1949 die Zeitschriftenabteilung der Bibliothek des Nationalmuseums hier eingezogen. Einmal wöchentlich kann man das Archiv besuchen und unter anderem auch die älteste erhaltene Zeitung von Prag aus dem Jahr 1659 besichtigen.
Parkanlage Stromovka |
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Heute ist jedoch alles bummfest zu und eigentlich kann man sich auch gar nicht so recht vorstellen, dass hier an anderen Wochentagen reger Museumsbesuch herrscht. Die Türen sind verschlossen und teilweise scheint man das Gebäude auch einer Renovierung zu unterziehen.
Außer uns ist auch noch eine junge Familie hier am Hügel. Unter dem einen Arm das Kind unter dem anderen den Reiseführer lassen sie sich zum mitgebrachten Picknick nieder. Decken werden ausgebreitet, Fläschchen verteilt, das Kleinste soll gewickelt werden. Zeit für uns weiter zu spazieren …
Es geht den Hügel auf der anderen Seite wieder hinunter, vorbei an sommerlichen Rabatten und über kleine Wasserläufe, entlang des Bahndamms. In einer schattigen Alle fahren Rollerskater und versuchen wohl, sich im eigenen Fahrtwind abzukühlen während in der Wiese Prager:innen in der Sonne bräunen. Wüsste man es nicht besser, würde man nicht glauben in einer Großstadt zu sein.
Schließlich führt uns unser Weg aus der Stromovoka wieder hinaus. Dazu müssen wir unter der Bahn hindurch und einen Kanal überqueren. Rechter Hand befindet sich ein Reitstall, der auch eine Kantine dabei hat. Nichts wie hinein und zwei eiskalte Cola kaufen. Diese süffelnd fühlen wir uns gleich etwas erfrischter und legen das letzte Stück über die Moldau zum Schloss Troja zurück.
Schon von Weitem ist der rote-weiße Barockbau zu sehen, denn er leuchtet uns förmlich aus dem Grün der umliegenden Weinberge entgegen. Wir betreten den Park auf der rechten Seite des Schlosses und stehen erstmals im Obstgarten. Wiesen mit Apfel-, Birnen- oder Kirschbäumen sind von ordentlich geschnittenen Hecken begrenzt. In der Mitte des Obstgartens, dort wo die Wege sich kreuzen, befindet sich ein Labyrinth.
Wir kämpfen uns die irreführenden Wege entlang, zum Schluss folgen wir auch den bereits vorhandenen Trampelpfaden durch die dichten Hecken, und gelangen schließlich über eine Treppe auf den Terrassengarten.
Auch hier herrscht die formale Strenge eines Barockgartens, doch finden sich auf Geländer und in Nischen jede Menge unterschiedlich gestalteter Amphoren. An einem Brunnen können wir unsere Arme ein wenig mit Wasser kühlen und natürlich Fotos von Schloss und Anlage schießen.
Wir wagen uns noch weiter vor und stehen schließlich vor der imposanten Freitreppe, welche die Mitte des Gebäudes ziert und in einen großen Saal im ersten Stock führt. Auf der Treppe sind monumentale Plastiken von den mit Titanen kämpfenden antiken Göttern und Göttinnen zu sehen, die von den aus Dresden stammenden Bildhauern J. J. und P. Herrmanns geschaffen wurden.
Nachdem wir so weit hier heraus gelaufen sind und uns die interessante Außenanlage schon neugierig gemacht hat, wollen wir natürlich auch das Innere von Schloss Troja besichtigen. Auf der Rückseite befindet sich der Eingang, wo wir Tickets um CZK 120.- p.P. erstehen und unsere Rucksäcke abgeben. Fotografieren leider wieder einmal verboten. Dafür ist die Tour nur in Tschechisch mit laminierten Texten in allen erdenklichen Sprachen, die sich interessierte Besucher:innen während der Tour zu Gemüte führen können.
Wenzel Adalbert Graf von Sternberg, Mitglied einer der bedeutendsten tschechischen Adelsfamilien, ließ sich diese Sommerresidenz Ende des 17. Jahrhundert erbauen. Die Baupläne stammten wohl von Giovanni Domenico Orsi de Orsini, was auch den stark italienischen Einschlag erklärt. Auch die Fresken, welche die Räumlichkeiten schmücken, stammen größtenteils von italienischen aber auch von belgischen Malern.
Das Wandeln durch die Räumlichkeiten und Betrachten der verschiedenen antiken Gegenstände macht Spaß, auch wenn man nicht Tschechisch versteht. Zwar wird uns mit der Zeit auch in den Innenräumen heiß und wir verlieren die Lust langatmige Texte zu lesen, doch die Gemälde und das Mobiliar sind jedenfalls sehenswert.
Schloss Troja |
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Schloss Troja |
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Am Schluss der Führung lassen wir uns noch erklären, mit welchem Bus wir zurück zum Bahnhof Holesovice kommen und verlassen den Park an der Rückseite. Da die Dame, welche uns den Weg erklärt hat, des Englischen ungefähr so mächtig war wie wir des Tschechischen, kommen wir erst an der Haltestelle drauf, was das für ein zweiter Bus ist. Zoo steht drauf, denn das ist die Endstation der Linie!
Der Bus kommt, wir steigen ein und werden auch noch gratis mitgenommen, da der Buschauffeur auf unsere 200.- CZK nicht herausgeben kann. Vielen Dank, sehr freundlich. In Holesovice steigen wir in die Metro und fahren bis Muzeum, denn wir wollen vom Wenzelsplatz aus noch ein wenig in die Stadt gehen.
Im Mittelalter entstanden teilte der ehemalige Rossmarkt die Prager Altstadt von der Neustadt. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Stadtmauern der beiden Stadtteile abgerissen, Gräber, die sich am oberen Ende befanden aufgelassen und gefüllt und Lindenbäume gepflanzt - der Markt wurde zum Boulevard.
Ende des 19. Jahrhundert wurde das Neorenaissancegebäude des Nationalmuseums hinzugefügt und 1912 kam das Denkmal des Landespatrons Wenzel hinzu, dem der Platz heute seinen Namen verdankt.
Ein Denkmal zu Füßen des Hl. Wenzels erinnert an das tragische Ereignis vom 16. Januar 1969 als sich der tschechoslowakische Student Jan Palach hier selbst verbrannte. Als lebende Fackel protestierte der junge Mann gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei und die Zerschlagung des Prager Frühlings. Was für eine Tat, sich aus politischer Motivation heraus auf diese Art selbst das Leben zu nehmen.
Wir jedoch haben starkes Interesse daran unsere Lebensgeister mit neuem Sprit zu versorgen und kehren deshalb erst mal in das Starbucks Café ein. Bei Espressos und einem geteilten Espresso Chocolate Brownie tanken wir neue Energie.
Danach geht es gleich viel besser den restlichen Boulevard hinunter, wobei wir die teilweise schön renovierten Bauten ausgiebig bewundern. Besonders erwähnenswert ist das Hotel Meran mit seiner wunderschönen Fassade. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Familienhotel in einer winzigen Baulücke errichtet.
Wenzelsplatz |
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Während der Nazibesetzung war das Hotel unter dem Namen „Luna” in deutschen Händen, wurde aber nach dem Krieg der Familie Hajek rückerstattet. 1954 erfolgte die Verstaatlichung im Zuge derer das Meran mit dem benachbarten Hotel Europa zusammengelegt wurde.
Erst 1989 durfte die Familie Hajek wieder mitmischen, renovierte den unter der kommunistischen Verstaatlichung arg hergenommen Bau und nun erstrahlt das Hotel in altem Glanz. Dasselbe gilt übrigens auch für das Europa, das ebenfalls eine großartige Jugendstil-Fassade aufweist.
Dafür gibt es weiter unten am Boulevard ein Haus, dessen entsetzlicher Dachausbau schon von Weitem zu sehen ist und die ansonsten hübsche Silhouette deutlich beeinträchtigt. Wie kann man so einer Verschandelung nur zustimmen?
Bemerkenswert finden wir auch die Adam-Apotheke. In einem Haus, das vom Architekten Emil Kralicek entworfen wurde, ist sie untergebracht. Ihren Namen hat die Apotheke von den kubistischen Figuren zwischen den Fenstern des ersten Stockwerks, die Adam und Eva darstellen.
Beim Korunapalast, einem schön verzierten Gebäudekomplex aus dem Jahr 1914, der seinen Namen der Krone, welche den Eckturm schmückt, verdankt, biegen wir in die Na Prikope ein. Die Einkaufsstraße bietet eine Kombination aus modernen Geschäften zu ebener Erde und reich dekorierten Palais in den oberen Stockwerken.
Reliefs, Mosaiken und Fresken umranden Fenster, schmücken Giebel oder zieren Dachsimse. Man sollte sich bei einem Spaziergang durch die Na Prikope nicht allzu sehr von den Läden ablenken lassen sondern immer wieder den Kopf heben und den Blick nach oben richten.
Am Platz der Republik machen wir einen längeren Stopp und lassen uns in den Bann des Repräsentationshauses ziehen. Dieses in den Jahren 1903-1911 von den Architekten Osvald Polívka und Antonín Balsánek errichtete Gebäude, das als Gemeindehaus, Ort für kulturelle Veranstaltungen und Repräsentation gedacht war, ist auch wirklich zu prächtig.
Durch die Beteiligung mehrerer hochrangiger Prager Künstler wie z.B. Alfons Mucha und Jan Preisler ist jeder Winkel, vom Café bis zu den Stiegenhäusern, mit wunderschönen Skulpturen, Mosaiken, Gemälden und Ornamenten der Jahrhundertwende ausgeschmückt.
Gemeindehaus, Repräsentationshaus |
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Café und Restaurant zu ebener Erde kennen wir schon von unseren anderen Prag-Besuchen, einen kurzen Blick hinein sind sie aber immer wert. Und auch ein verstohlenes Foto, denn das ist eigentlich nicht erlaubt. In die Stiegenhäuser und Gänge haben wir uns bisher allerdings noch nicht vorgewagt.
Wir schauen also in den Shop, in dem es viel Jugendstil-Schmuck zu erstehen gibt sowie allerlei Souvenirs aus Prag. Nichts für uns dabei. Dann gehen wir die Treppen hinunter und werfen einen Blick in die American Bar, die jedoch um diese Uhrzeit noch recht verwaist ist. Einzig im angrenzenden Restaurant sitzt eine Hand voll Asiatinnen und tut sich an einer deftigen Jause gütlich.
Wir beschließen, langsam Richtung unserem Hotel zu schlendern. Es war schon ein langer Spaziergang heute und wir wollen ja noch gut zu Abend essen und anschließend nochmals mit dem Stativ durchs nächtliche Prag.
Wir suchen noch schnell nach Karins Prager Lieblingsgeschäft Botanicus, um sozusagen ein Naserl voll Wohlgerüche zu nehmen. Im Teyn-Hof, gleich hinter der Kirche liegt der Laden mit seinen Bioprodukten wie Kerzen, aromatisiertem Essig oder Naturkosmetik. Heute ist die sonst so idyllische Atmosphäre ein wenig durch eine Horde Asiatinnen getrübt, die sich an den verschiedenen Regalen und Probetigelchen zu schaffen macht. Es bleibt also wirklich nur bei einer Nase voll aromatischer Luft und schon sind wir wieder draußen.
Mostecka |
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Tynska |
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Vorbei am Altstädter Rathaus, wo gerade ein Hochzeitspaar fotografiert wird, geht es durch die Gassen der Altstadt bis zu Karlsbrücke, über die wir auf die Kleinseite und schließlich in unser Hotel und die kühle Suite unterm Dach gelangen.
Eine kurze Rast mit Duschen, Umziehen, Fotos entladen und schon sind wir wieder unterwegs, denn um 20:00 haben wir nochmals im Hergetova Cihelna reserviert. Wir sind pünktlich (what else?) und bekommen auch gleich einen Tisch. Leider nicht ganz vorne am Wasser, so wie wir gebeten hatten, denn dazu ist es zu voll.
Karlsbrücke, Abendstimmung |
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Turm der Karlsbrücke, Abendstimmung |
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Als wir nachfragen schlägt man uns vor, nächstes Mal doch schon um 18:00 zu kommen, da wäre dann vorne noch was frei. Nein danke, so früh wollen wir bei der Hitze wirklich nicht essen außerdem halten wir das für eine Ausrede.
Egal, die zweite Reihe ist auch ok und der nicht ganz so prominente Platz wird diesmal durch eine sehr nette Kellnerin wett gemacht. Heute trinken wir Bier statt Wein, denn der Durst ist groß. Als Vorspeise teilen wir uns Vitello tonnato und Karin nimmt das Chicken Tikka Masala, das gestern bei Alexander so lecker geschmeckt hat. Die Tagesspezialität ist ein Burger und Alexander will ihn schon bestellen, als die Kellnerin im davon mangels Größe abrät. So was Kleines kann einen gestandenen Mann nicht satt machen - und rät zum Ribeye Steak. Gut, dann eben dieses.
Auch heute schmeckt wieder alles köstlich und das empfohlene Steak ist wirklich besonders zart. Nachspeise lassen wir diesmal aus, weil unsere Bäuchlein schon so voll sind. Noch einen Kaffee zum Abschluss und wir sind wieder unterwegs auf einen Spaziergang durchs nächtliche Prag.
Beim Kafka Museum hängt sich Karin bei einem von David Cernys Pissing Men ein und schaut den Herren beim Pinkeln zu. Erst zu Hause lesen wir, dass es sich bei dem provozierenden Brunnen, von dem man gar nicht glauben möchte zu welchen Reaktionen er die vorbeiziehenden Touristenströme hinreißt, um ein technisches Wunderwerk handelt. Auf einer Plakette im Pflaster steht eine Telefonnummer und die Worte SMS Pissing Men. Damit kann man die beiden Herren dazu bringen, den ge-sms-ten Text zu pinkeln. So ein Spaß!
Über die Karlsbrücke geht es wieder zum Altstädter Ring. Bei einem der vielen Marionettengeschäfte schauen wir hinein, wir brauchen schließlich noch ein Mitbringsel für zu Hause. Der Inhaber erzählt uns ein bisschen über die Puppen, die in Prag eine lange Tradition haben. Hm, danke vielleicht später.
Weiter schlendern wir durch die belebten Gassen und fahren mit dem Lift hinauf auf die Dachterrasse des „U Prince”. Doch heute ist nicht freie Platzwahl, wie bei unserem letzten Besuch. Ein recht arroganter Oberkellner hält uns auf und will uns unbedingt zu einem Tisch geleiten. Dabei erklärt er Alexander noch auf sehr arrogante Art und Weise, dass das Fotografieren mit Stativ auf dieser Dachterrasse gesetzlich verboten sein und er Probleme bekäme, sollte er es versuchen. Na hallo?
Altstädter Ring, Tyn-Kirche (Teynkirche), Nachtaufnahme |
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Die Mojitos schmecken aber auch heute wieder köstlich. Unter uns tobt die Menge beim Public Viewing der Fußball WM. Das Spiel um Platz 3, Uruguay gegen Deutschland wird gerade übertragen.
Als wir unsere Cocktails ausgesüffelt und ein paar Fotos ohne Stativ gemacht haben, verlangen wir die Rechnung. Beim Zahlen bekommt Alexander dann einen Hunderter nur in Münzen retour. Dieser Kellner ist Schnösel Nr. 2 im Lokal. Für so viel Unfreundlichkeit gibt's nicht einmal einen Cent Trinkgeld. Wir bemühen uns, uns die gute Laune nicht verderben zu lassen und gehen.
Unten am Altstädter Ring löst sich gerade die Menge auf und es wurlt nur so vor Menschen. Karin macht die immer noch in der Stadt stehende Hitze zu schaffen und sie setzt sich ein wenig auf den Randstein. Während der kleinen Erholungspause experimentiert Alexander wieder mit Langzeitaufnahmen und dem Stativ herum.
Dann geht es zurück in Richtung Hotel. Beim Marionettengeschäft treten wir nochmals ein und diesmal erstehen wir einen Kasparek mit pinkfarbener Narrenkappe und bunten Pluderhosen. Bevor der kleine Narr in ein Sackerl für den Transport kommt, springt er - natürlich animiert vom geschickten Verkäufer - aufgeregt hin und her und ruft freudig: „I'm going home, I'm going home!”
Altstädter Ring, Tyn-Kirche, Altstädter Rathaus, Nachtaufnahme |
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Wir finden es sehr nett, dass auch noch bei den letzten Kunden so eine kleine Show veranstaltet wird. Hinter uns werden die Rollläden herunter gelassen und das Tor abgeschlossen.
Über die Karlsbrücke spazieren wir mit unserem Kasparek zurück ins Hotel, wo wir uns noch 2 Bier aus unserem Kühlschrank genehmigen. Dann fallen wir müde in unsere Betten. Ein langer und ereignisreicher Tag geht zu Ende.